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Nierenerkrankungen - Früherkennung und Prozessverzögerung

Nephrolgiekongress 2004 in Basel: Statement Prof. Dr. Wolf Boesken

Die Nephrologie ist ein Teilgebiet der Inneren Medizin. Nephrologie ist die Wissenschaft von der Verhinderung und Heilung von Nieren- und Hochdruckerkrankungen, sowie die Kunst der Nierenersatztherapie und anderer Blutaustauschverfahren, und der Nierentransplantation.

Die Ursachen des chronischen Organversagens der Nieren mit der Folge kostenträchtiger Dialyse-Verfahren und der - weniger teuren - Transplantation sind in erster Linie Diabetes mellitus und Hochdruck bei mehr als der Hälfte dialysepflichtiger Menschen. Bei einem Drittel ist die Ursache in immunvermittelten Schäden an Nierenkörperchen und -kanälchen zu suchen, bei knapp 10 % in genetisch bedingten Erkrankungen.

Krankheiten der Nieren durch Medikamente sind weniger häufig, als gemeinhin angenommen, können aber als Co-Faktoren bei der Progression der Niereninsuffizienz eine Rolle spielen. Hier sind unkritisch genommene Schmerzmittel, aber auch - besonders beim akuten Nierenversagen älterer Menschen - Hochdruck- und Entwässerungsmittel in falscher Indikation zu nennen. Als neue Ursache des Nierenversagens sind als Folge von Katheter-Eingriffen an Herz und Gefäßen Cholesterin-Embolien mit Streuung in den ganzen Körper zu finden. Überhaupt hat die Entwicklung der operativen und interventionellen Medizin zu einer großen Zahl akuter Dialyse-Prozeduren geführt, die zu einem grossen Teil nicht zum chronischen Organversagen führen.

Die rechtzeitige und frühe Erkennung einer Nierenschädigung liegt in einer qualifizierten Untersuchung des Urins auf verschiedene Eiweiße ("flüssige Biopsie") und nicht in einer noch so genauen Prüfung der Nierenfunktion. Ohnehin erhöht sich der gängige Parameter der Blutentgiftung durch die Nieren (Creatinin) erst dann, wenn die Nieren fast zur Hälfte funktionslos sind und oft Jahre nach den ersten Symptomen im Urin. Andererseits wird die Nierenfunktion älterer Menschen erheblich überschätzt, oft mit fatalen Folgen bei medikamentöser Therapie. Leider ist alles dieses nicht allgemeines Wissen unter den Ärzten.

Erstes therapeutisches Ziel muss also Verhinderung oder Heilung einer Nierenerkrankung oder des Hochdrucks sein: Beim Nierenkiller No.1 dem Diabetes geht es um frühestmögliche Erkennung noch im Stadium der gestörten Glucose-Toleranz. Gewichtsreduktion und reduziertes Essen stehen im Vordergrund, aber auch die Substitution mit Insulin zum rechten Zeitpunkt. Dieses Bewusstsein ist mittlerweile bei Hausärzten gut vorhanden, Erfolge sind aber wegen der langen Verlaufszeit erst in ein bis zwei Dekaden zu erwarten. Hochdruck ist schneller und effektiver behandelbar, hier fehlt es wegen fehlender subjektiver Symptome an der Mitarbeit der Betroffenen. Eine ausreichende Auswahl an Hochdruck-Medikamenten liegt vor. Die Erkennung und Behandlung immunologischer Nierenerkrankungen erfordert Erfahrung und Kompetenz und muss oft in enger Kooperation mit Zentren an Krankenhäusern erfolgen.

Zweites Ziel der nephrologischen Therapie ist die Verzögerung des Verlaufs bei eingetretenen Erkrankungen. Hier ist oft nicht die eigentlich ursächliche Krankheit, sondern ein Bündel unspezifischer Progressionsfaktoren verantwortlich. Eine kardinale Rolle spielt die Therapie mit druck-modulierenden Medikamenten, die neben der Blutdrucksenkung weitere Wirkungen entfalten. Große Hoffnungen werden in die Beeinflussung immunologischer Mediator- Moleküle gesetzt. Hier kann nur eine konsequente und langjährige nephrologische Betreuung zum Erfolg führen.

Eine Verminderung der großen Kosten der dialysepflichtigen Niereninsuffizienz ist nur durch die Kooperation von motivierten Patienten, gut ausgebildeten Hausärzten und Nephrologen zu erreichen, die nicht nur eine qualifizierte Dialyse durchführen können, sondern alles daran setzen, diese zu verhindern.

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zuletzt bearbeitet: 30.09.2004 nach oben

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