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Interaktive Fortbildung der Berlin-Chemie AG:

Pressemitteilung: BERLIN-CHEMIE AG

Symposium "DiaLecT" verknüpft Wissenschaft und Praxis

Bereits zum zweiten Mal fand Anfang Juli die von der Berlin-Chemie AG ins Leben gerufene Ärztefortbildung "DiaLecT - Diabetes Lecture Transfer statt.

Für dieses Fortbildungskonzept fuhren vier Diabetologen aus Klinik und Praxis als "Kundschafter" zur 65. Jahrestagung der American Diabetes Association (ADA), einem der weltweit bedeutendsten Kongresse in der Diabetologie. Die Kundschafter präsentierten ihren deutschen Kollegen nun eine Auswahl der in den USA vorgestellten Forschungsergebnisse. Schwerpunkt der Veranstaltung war es auch in diesem Jahr, die wissenschaftlichen Neuigkeiten ausführlich zu diskutieren und zu beurteilen, welche Konsequenzen sich hieraus für den deutschen diabetologischen Alltag ergeben.

In der modernen Diabetestherapie werde nicht nur die Störung des Kohlenhydratstoffwechsels behandelt, sondern das metabolische Syndrom als Ganzes betrachtet, gab Prof. Dr. Rüdiger Petzoldt, Bad Oeynhausen, einen Ausblick auf die vielseitige Themenauswahl der DiaLecT-Veranstaltung. "Die häufig notwendige Lifestyle-Änderung ist für den Patienten jedoch nicht immer einfach und stellt das Therapieproblem Nummer eins dar", führte Petzoldt weiter aus.

Macht eine Insulintherapie dick?

Häufig nehmen Patienten unter einer Insulintherapie zu. Ob die Gabe von Insulin tatsächlich mit einer Gewichtszunahme korreliert ist, wurde nun untersucht[1]. Neu auf Insulin eingestellte Typ-2-Diabetiker nahmen über einen Zeitraum von einem halben Jahr einmal monatlich an einer Schulung in einer Lifestyleklinik teil. Als Kontrollgruppe dienten insulinpflichtige Diabetiker, die keine Nachsorge erhielten. Das überraschende Ergebnis: Während die Diabetiker der Kontrollgruppe im Mittel etwa 4 kg zunahmen, war in der Schulungsgruppe sogar ein geringer Gewichtsrückgang von durchschnittlich 0,4 kg zu beobachten. "Daher sollten wir Abstand nehmen von der verfestigten Vorstellung, Insulin per se mache dick", kommentierte Dr. Andreas Lueg, Hameln, das Studienergebnis.

Neuartige Therapieoptionen - Ein Blick in die Zukunft

"Die Pharmakotherapie mit neuartigen Wirkstoffen, die einen Einfluss auf den Kohlenhydrat- oder Fettstoffwechsel besitzen, kann in den Fällen eine sinnvolle add-on Therapie sein, wenn Patienten mit der herkömmlichen Diabetesbehandlung nicht zurecht kommen", gab PD Dr. Christian Seifarth, Erlangen, einen hoffnungsvollen Ausblick auf neuartige Behandlungsoptionen.

Ganz neu von der FDA zugelassen ist das erste Inkretin-Mimetikum Exenatide. Sowohl in Kombination mit Sulfonylharnstoffen als auch mit Metformin konnte eine gute Blutzuckersenkung und eine Reduktion des Körpergewichts gezeigt werden. Inwiefern die als Nebenwirkung beobachtete Übelkeit die Therapie beeinträchtigen wird, bleibt abzuwarten. Weitere Substanzen dieser Stoffklasse und der verwandten DPPIV-Inhibitoren sind derzeit in der Entwicklung. Wann Exenatide auch in Deutschland verfügbar sein wird steht noch nicht fest.

Ebenfalls neu ist der kombinierte Ansatz des PPAR-γ und -α-Agonisten Muraglitazar. In Kombination mit Metformin wurde eine eindrucksvolle Senkung von Blutzucker und Fetten beschrieben. Wie Dr. Volker Kroll, Markdorf, ausführte, lassen die bisherigen Daten aber noch einige Fragen zu Sicherheit und Anwendungsgebieten, vor allem Ödemneigung bzw. Gewichtszunahme, offen.

Auch bei den Insulinen gibt es Neuentwicklungen. "Das inhalative Insulin befindet sich bereits auf dem Weg in unsere Praxen", erklärte Kroll. Eine zufriedenstellende Blutzuckerkontrolle sei möglich. Die bereits veröffentlichten Daten zeigten keine Verschlechterung der Lungenfunktion, die über das altersentsprechende Maß hinausginge. Exubera ist das in der Entwicklung am weitesten fortgeschrittene inhalative Insulin, für das sowohl bei der FDA als auch bei der europäischen Zulassungsbehörde EMEA die Zulassung bereits beantragt wurde.

Normnahe Einstellung schützt das Herz auch noch nach Jahren

Zu einem erstaunlichen Ergebnis kommt die EDIC-Studie[2]}, eine Nachbeobachtung der DCCT: Nach Abschluss der DCCT kam es bei den intensiviert und konventionell behandelten Typ-1-Diabetikern innerhalb kurzer Zeit zu einer Angleichung der HbA1c-Werte um 8 %. Dennoch zeigen die Daten aus EDIC 11 Jahre nach Abschluss der DCCT eine deutliche Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse zugunsten der intensiv behandelten Gruppe. "Auch nach Bereinigung für andere Risikofaktoren blieb der Effekt der frühen Blutzuckersenkung signifikant. Das bedeutet, dass durch die frühzeitige normnahe Glukoseeinstellung auch eine langfristige Risikoreduktion makrovaskulärer Ereignisse bei Typ-1-Diabetikern möglich ist", schlussfolgerte Lueg.

Insulinpflichtige Diabetiker: Ein Risikofaktor im Straßenverkehr?

Für eine besonders angeregte Diskussion sorgte ein Thema mit hoher Praxisrelevanz: Geht von insulinpflichtigen Diabetikern ein erhöhtes Unfallrisiko im Straßenverkehr aus? Eine Fall-Kontroll-Studie aus Amerika zeigte, dass im Vergleich zu Stoffwechselgesunden die Unfallhäufigkeit bei Typ-1-Diabetikern erhöht war[3]. Bei den diabetesbezogenen denkbaren Unfallursachen fand sich einzig bei der Unterzuckerung eine signifikante Korrelation.

In diesem Zusammenhang wurde auch gezeigt, dass in einer schottischen Untersuchung mehr als ein Drittel der Diabetiker vor Fahrtantritt nie ihren Blutzuckerwert kontrollieren[4]. "Eine generelle Empfehlung zur Beurteilung der Fahrtüchtigkeit von insulinpflichtigen Diabetikern kann es nicht geben. Es gilt, solche Fragen stets sorgfältig zu prüfen und eine Einzelfallentscheidung zu treffen", kommentierte Kroll abschließend.

  1. Symposium DiaLecT - Diabetes Lecture Transfer, 08./09. Juli 2005, Berlin.

Quellen

  1. Barrat R et al. (65th ADA 2005, Poster 673)
  2. Nathan DM (65th ADA 2005, Symposium)
  3. Songer TJ (65th ADA 2005, Symposium)
  4. Frier BM (65th ADA 2005, Symposium)

zuletzt bearbeitet: 22.07.2005 nach oben

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