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Verordnung von modernem Analoginsulin auf Kassenrezept muss auch weiterhin problemlos möglich sein

Pressekonferenz "Insuline für Diabetiker werden gestrichen"

Insulin ist keine Therapie wie jede andere

Kurzfassung des Vortrags von Dr. med. Nick Schulze-Solce, Lilly Deutschland, zur Pressekonferenz "Insuline für Diabetiker werden gestrichen" am 23. Februar 2006 in Berlin

Dr. med. Nick Schulze-Solce, Lilly Deutschland. Auf der Basis des IQWiG Berichts hat der Gemeinsame Bundesausschuss am 21.2.2006 in den Arzneimittelrichtlinien festgelegt, dass kurzwirksame Insulin-Analoga nicht mehr für Kassenpatienten verordnungsfähig sein sollen. Dieser Richtlinienentwurf greift in beispiellosem Maße in die Therapiefreiheit der Ärzte ein und eröffnet den Weg in die 2-Klassen-Medizin. Dies halten wir medizinisch für inakzeptabel und rechtlich für äußerst fragwürdig. Wir werden dies im Rahmen unseres Anhörungsrechtes deutlich zum Ausdruck geben.

Insulin ist keine Therapie wie jede andere. Man muss sich nicht nur täglich und lebenslänglich spritzen, man muss auch besonders aufpassen, wann und wie viel man spritzt. Davon hängt es ab, ob der Blutzucker ausreichend kontrolliert und das Ziel der Behandlung erreicht wird oder ob man in die Unterzuckerung rutscht, eine potenziell lebensgefährliche Situation. Dieser Balanceakt wird beeinflusst von Zeitpunkt und Menge des Essens, dem individuellen Stoffwechselgeschehen, Bewegung, Gesundheitszustand und anderem. Es hängt damit zusammen, wie man lebt.

Beim Alt-Insulin muss der Patient sich und sein Leben nach dem Insulin richten, es erfordert einen Anwendungsrhythmus (Spritz-Ess-Abstand), der sich dem Alltag schwerer anpassen lässt. Beim modernen Analoginsulin passt sich das Insulin dem Patienten an. Genau dieser Unterschied bildet sich unter experimentellen Bedingungen, den kontrollierten, randomisierten, klinischen Studien nicht ab. In der standardisierten Welt der Studien zeigen sich bei korrekter Einnahme oft ähnliche Behandlungsergebnisse. Unter Alltagsbedingungen sind diese Ergebnisse jedoch nicht verlässlich reproduzierbar. Wie sich das Problem, eine gute Einstellung zu erreichen, in der Praxis darstellt, ist in den Studien, die IQWiG bewertet hat, nicht enthalten.

Natürlich kann man fordern, dass alle Patienten mit normalem Alt-Insulin behandelt werden, in anderen Worten, dass sie ihren Tagesablauf den Anwendungserfordernissen des Insulins anpassen. Das ist die Theorie. Tatsache ist, dass viele Patienten mit normalem Alt-Insulin keine guten Behandlungsergebnisse erreichen und damit ein besonderes Risiko für patientenrelevante und kostenintensive Komplikationen wie Erblindung, Nierenversagen, Herzinfarkt, Schlaganfall und Gliedmassenverlust haben. Und diesen Menschen will man jetzt die Analoginsuline wegnehmen. Millionen von Menschen mit Diabetes sollen also zukünftig keine Alternative zu den herkömmlichen Insulinen haben.

Es geht um Kosten, nicht um Qualität. Schaut man sich die einzelnen Posten für Einsparungen im Gesundheitssystem an, die durch das Gesundheits-Modernisierungsgesetz (GMG) in den Jahren 2004 bis 2007 erzielt werden sollen, so findet man in der Zeile Nutzenbewertung ab 2005 einen Betrag von einer halben Milliarde Euro gelistet. Das heißt, IQWiG muss laut Auftrag Berichte produzieren, die die Begründung dafür liefern, dass die Krankenkassen nicht mehr bezahlen müssen.

Unter dem Banner der Unabhängigkeit und Wissenschaftlichkeit werden Berichte mit Unfehlbarkeitsanspruch produziert, die vorgefasste Meinungen bestätigen. Dabei schreckt man auch nicht davor zurück, die Öffentlichkeit bei der Angst vor Krebs zu packen, obwohl die neutralen und sorgfältig arbeitenden zuständigen Behörden zu ganz anderen Ergebnissen kommen. In Tabelle 15 auf S. 67 im IQWiG-Abschlussbericht wird die Bewertung der europäischen Zulassungsbehörde wiedergegeben, die nach negativen Ergebnissen in mehreren Testserien die Durchführung weiterer Studien nicht für notwendig erachtete. Auf der IQWiG Website kann man seit 15.2. im Widerspruch dazu lesen, "..haben Tier- und Zellversuche mit Insulinanaloga Hinweise ergeben, die auf die Möglichkeit einer krebsfördernden Wirkung hinweisen. Diese Möglichkeit ist nicht ausgeräumt, weil die Industrie versäumt hat, entsprechende Studien durchzuführen." Wem darf man jetzt glauben, Herrn Prof. Sawicki oder der europäischen Zulassungsbehörde EMEA?

Auf der Grundlage von 10 Millionen Patientenjahren spricht nichts für eine erhöhte Tumorinzidenz. Als Hersteller des kurzwirksamen Analoginsulins Lispro (Humalog®) sehen wir uns veranlasst, der Willkürlichkeit der IQWiG Bewertung in punkto Patientennutzen und möglichem Krebsrisko von kurzwirksamen Insulin-Analoga mit Entschiedenheit zu widersprechen.

Bildunterschrift: Dr. med. Nick Schulze-Solce
Bildquelle: Presseagentur der Veranstaltung

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zuletzt bearbeitet: 27.02.2006 nach oben

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