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Reform ist ein Virenprogramm zur Zerstörung des freiheitlichen Gesundheitswesens

Pressemitteilung: Bundesärztekammer (BÄK)

BÄK-Stellungnahme zum GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz

Die Bundesregierung will den Systembruch im Gesundheitswesen. Zu dieser Einschätzung kommt die Bundesärztekammer in ihrer aktuellen Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines sogenannten GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes. Mit der Reform werde der Weg vorgezeichnet in einen staatlichen Gesundheitsdienst mit Wartelistenmedizin und Leistungsausschlüssen. Die Einzelelemente des Gesetzes "stellen ein legislatives Virenprogramm zur Zerstörung des freiheitlichen Betriebssystems unseres Gesundheitswesens dar", kritisiert die Bundesärztekammer die Pläne der Regierung.

Eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung der Patienten sei nicht mehr möglich, wenn das Gesetz unverändert in Kraft treten sollte. Durch die Atomisierung der Vertragsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Ärzten werde die Kontinuität der ambulanten Akut- bzw. Notfallversorgung gefährdet. "Die Eröffnung eines Parallelsektors der ambulanten Versorgung mit selektiven Verträgen stellt ein Liquidationsprogramm zur schleichenden Aushöhlung des Sicherstellungsauftrags der Kassenärztlichen Vereinigungen dar", heißt es in der Stellungnahme.

Als verfassungsrechtlich zweifelhaft stuft die Bundesärztekammer die Übertragung von "neuen" Sicherstellungsaufgaben auf die Kassenärztlichen Vereinigungen für die Versorgung Privatversicherter ein. Dies diene der mittelbaren Einführung einer Behandlungspflicht im Basistarif der privaten Krankenversicherung (PKV) als ein Baustein in der Angleichung der Versicherungssysteme auf niedrigem Niveau mit dem Ziel einer gleichen Vergütung in der GKV und PKV. Dies lehnt die Bundesärztekammer entschieden ab. Es sei offensichtlich, dass die Regierung trotz gegenteiliger Behauptungen der Koalitionspolitiker das Geschäftsmodell der privaten Vollversicherung zerstöre: "Die Einführung des GKV-gleichen Basistarifs in die private Krankenversicherung beendet deren Funktion als freiheitliche Variante der Absicherung der Bürger im Krankheitsfall."

Die gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen werde durch die Reform praktisch abgeschafft. Dazu trage auch die Auslagerung bisheriger Selbstverwaltungsentscheidungen in sogenannte "professionalisierte Gremien" bei. Diese "Institutologie" überlagere in demokratisch zweifelhafter Weise den Gedanken der Selbstverwaltung, der darauf beruhe, dass die Beteiligten ihre Belange selbst gestalten dürfen. "Durch verschiedene Regelungen wird bewirkt, dass die ärztliche Berufsausübung, die auf den Eckpfeilern der Professionalität und Therapiefreiheit beruht, in die Enge staatsbeeinflusster Programm- und Weisungsmedizin gerät", heißt es in der Stellungnahme der Bundesärztekammer.

So werde der Gemeinsame Bundesausschuss zu einer mit hauptamtlichen Mitgliedern besetzten Exekutiv-Agentur umstrukturiert, ohne dass eine verbindliche Mitwirkung der Betroffenen bei der Steuerung des Leistungsrechts in der gesetzlichen Krankenversicherung vorgesehen sei. "Mit der Zuweisung umfassender Aufgaben im Bereich der Qualität, der Qualitätssicherung und der Fortbildung von Ärzten an den Gemeinsamen Bundesausschuss wird aus der bisher in der ärztlichen Profession durch Kammer- und Heilberufsgesetze der Länder gesicherten Selbstbestimmung über die beruflichen Belange im Rahmen der gesetzlichen Regelungen eine - auch verfassungsrechtlich höchst fragwürdige - Fremdbestimmung unter Ausschluss der Mitwirkung der Berufsangehörigen."

Das Hauptziel der Reform, dauerhaft sichere Finanzierungsstrukturen im Gesundheitswesen zu schaffen, werde verfehlt. Die Regierung verschärfe sogar noch die chronische Unterfinanzierung des Gesundheitswesens, weil Zusatzbelastungen der gesetzlichen Krankenversicherung durch neue Quersubventionierungen zugunsten anderer Sozialversicherungsbereiche nicht ausgeglichen werden. Die Bundesärztekammer befürchtet deshalb, dass die nunmehr vorgesehene Finanzierung zu einer noch größeren Unterdeckung in der Gesundheitsversorgung führt.

zuletzt bearbeitet: 03.11.2006 nach oben

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