Das unabhängige Diabetes-Portal DiabSite

Home > Aktuelles > Diabetes-Nachrichten > Archive > 2007 > 070413b

Experten-Kritik am IQWiG-Bericht:

Schlechtere Versorgung von Hochdruck-Patienten?

"Vieles an diesem Papier erscheint mir wichtig und sinnvoll, einiges allerdings einseitig und unkritisch", kritisierte Prof. Dr. Thomas Eschenhagen (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf) auf einer Pressekonferenz der 73. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim den vorläufigen Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zur Behandlung von Hochdruck-Patienten.

Das Institut hatte den Nutzen von verschiedenen Wirkstoffgruppen untersucht, die in der Hochdruckbehandlung eingesetzt werden: entwässernde Medikamente (Diuretika), Beta-Blocker, ACE-Hemmer, Kalzium-Antagonisten und Angiotensin-II-Antagonisten. Im Kern stellt der Bericht fest, dass keine der Substanzen den anderen überlegen ist, in der Bewertung des staatlichen Instituts werden die Diuretika aber als Arzneimittel der ersten Wahl in der Hochdruck-Behandlung empfohlen.

Die Diskussion um die optimale Therapie des Bluthochdrucks hat nicht nur medizinische, sondern auch eine enorme ökonomische Bedeutung. Geschätzte 16 Prozent der Deutschen - also rund 13 Millionen Patienten - werden derzeit mit blutdrucksenkenden Medikamenten behandelt. Die Verordnungen machen rund drei Millionen Euro aus, das sind etwa zehn Prozent des gesamten Arzneimittelmarktes.

Die einseitige Empfehlung für die entwässernden Medikamente sei problematisch, so der Hamburger Pharmakologe. "Der Nachteil der Diuretika in Bezug auf die höhere Diabetes-Inzidenz (Diabetes-Risiko, Anm. d. Red.) wird meines Erachtens zu nonchalant behandelt, das Risiko eines gefährlichen Kaliummangels wird ganz ausgeblendet", kritisiert Prof. Eschenhagen die fehlende Berücksichtigung verbreiteter Nebenwirkungen.

Diuretika können bei langfristiger Einnahme zu einem langsamen Ansteigen des Blutzuckerspiegels führen und damit die Entstehung von Diabetes begünstigen. Eine andere verbreitete Nebenwirkung von Diuretika sind Potenzstörungen, ein verbreiteter Grund dafür, dass betroffene Patienten ihre Hochdruck-Medikation wieder absetzen.

Solche Fragen seien im IQWiG-Papier nicht berücksichtigt, meint Prof. Eschenhagen: "Unerwünschte Wirkungen sind durchaus, anders als dies die Zusammenfassung der IQWiG suggeriert, ein wichtiger Faktor in der Therapie-Entscheidung."

Problematisch sei auch, dass für den IQWiG-Bericht nur 16 internationale Studien zum Thema berücksichtigt worden seien. Prof. Eschenhagen: "Ausgeschlossen wurden bewusst Studien, bei denen Kombinationstherapien miteinander verglichen werden." Genau diese seien in der Praxis aber Gang und Gäbe. "Die aufgeregte Diskussion um die Wertigkeit der Diuretika in der Monotherapie haben einen teils akademischen Charakter, wenn man bedenkt, dass die meisten Patienten mindestens zwei Antihypertensiva (Mittel gegen Bluthochdruck, Anm. d. Red.) brauchen, um den Zielwert zu erreichen", so Prof. Eschenhage

Diese Pressemitteilung wurde über den - idw - versandt.

zuletzt bearbeitet: 13.04.2007 nach oben

Unterstützer der DiabSite:

Birgit Ruben

Birgit Ruben

Weitere Angebote:

Spendenaufruf Ukraine

Hilfeaufruf Ukraine

Diabetes-Portal DiabSite startet Spendenaufruf für Menschen in der Ukraine.