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Wieviel Eiweiß verträgt die Diabeteskost?

Abstract zum Vortrag von Prof. Dr. med. Hans Hauner im Rahmen eines Symposiums von Abbott Diabetes Care auf der 42. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) in Hamburg.

Ist eine eiweißreiche Kost möglicherweise doch unbedenklich?

Prof. Dr. med. HaunerDerzeit liegt die mittlere Eiweißzufuhr in Deutschland mit ca. 1,5 g/kg Körpergewicht deutlich über dem Bedarf. Eigene Erhebungen bei Diabetespatienten zeigen, dass die Eiweißzufuhr in dieser Gruppe sogar noch etwas über der der Allgemeinbevölkerung liegt. In der Vergangenheit wurde eine hohe Eiweißzufuhr gerade bei Patienten mit Diabetes mellitus kritisch gesehen, da angenommen wurde, dass damit der Entwicklung und Progression der diabetischen Nephropathie Vorschub geleistet wird. Kleinere Interventionsstudien hatten zudem gezeigt, dass bei Vorliegen einer beginnenden Nephropathie, erkennbar an einer Mikroalbuminurie, durch Begrenzung der Eiweißzufuhr auf 0,6 -0,8 g/kg Körpergewicht die Progression derselben verlangsamt werden kann.

In letzter Zeit wurden die Ergebnisse mehrerer klinischer Studien publiziert, in denen eine eiweißreiche Kost mit einer eiweißnormalen Ernährung bei Personen mit Diabetes verglichen wurde. Überraschenderweise fanden sich unter den eiweißreichen Diäten durchwegs eine bessere Stoffwechseleinstellung hinsichtlich Blutglukoseverlauf, HbA1c und Serumlipide sowie ein größerer Gewichtsverlust im Vergleich zu einer Kontrollkost mit einem Eiweißanteil von etwa 15 Energieprozent und gleichzeitig höheren Kohlenhydratzufuhr. Allerdings handelte es sich dabei zumeist um kleinere Studien mit kurzer Interventionsdauer von nicht mehr als 4 Wochen. Dennoch haben vor allem amerikanische Diabetologen diese Befunde bereits in ihren Ernährungsempfehlungen für Menschen mit Diabetes berücksichtigt und bezeichnen eine Eiweißmenge von 15 bis 30 % der Gesamtenergieaufnahme als angemessen, sofern eine Nephropathie ausgeschlossen ist.

Daneben gibt es interessante Hinweise, dass auch die Eiweißquelle von Bedeutung ist. Insbesondere hinsichtlich der Nierenbelastung scheint pflanzliches Eiweiß sowie Protein von Milchprodukten und Fisch günstiger zu sein als Eiweiß von rotem Fleisch (Rind, Schwein, Lamm). Diese Information ist deshalb wertvoll, weil es den meisten Patienten in der Praxis außerordentlich schwer fällt, ihren Eiweißkonsum einzuschränken, sodass Personen mit Nephropathie davon besonders profitieren könnten. Allerdings ist die Datenbasis auch zu dieser Frage vergleichsweise dünn, sodass hier zusätzliche Studien dringend erforderlich sind.

Bei Betrachtung aller aktuellen Studien zu diesem Thema lässt sich schlussfolgern, dass auch bei Menschen mit Diabetes mellitus unter bestimmten Bedingungen eine höhere Eiweißzufuhr akzeptabel ist und sogar Vorteile haben könnte. Leider fehlen weiterhin gute Langzeitstudien, sodass eine abschließende Beantwortung dieser Fragestellung derzeit noch nicht möglich ist. Die neuen Daten reichen sicher nicht aus, um die aktuellen Leitlinien zu ändern.

Bildunterschrift: Prof. Dr. med. Hans Hauner, Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin der TU München.
Bildquelle: Abbott Diabetes Care

zuletzt bearbeitet: 16.05.2007 nach oben

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