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Qualität und Wirtschaftlichkeit - diese Reihenfolge muss eingehalten werden!

Statement von Heinz Windisch im Rahmen einer Pressekonferenz zum Deutschen Diabetiker Tag 2008.

Patienten mit Diabetes sind verunsichert

Heinz Windisch "Selbstbestimmtes Leben mit Diabetes ... Für alle!" Dies ist das Motto des diesjährigen Deutschen Diabetikertages am 20.09.08 in Kassel.

Meine Damen und Herren,
ich bin davon überzeugt, dass noch nie so viel Unsicherheit bei den Patienten mit Diabetes geherrscht hat wie im Moment. Wir sind alle sehr verunsichert, wie es mit der sogenannten Selbstbestimmung der Patienten steht.

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen - auch IQWiG genannt - sorgt für diese Verunsicherung. Denn die bisherigen Erfahrungen, vor allem auf dem Gebiet des Diabetes, zeigen, dass die Reihenfolge nicht stimmt. Nicht Qualität spielt die wichtigste Rolle, unter der wir vor allem Lebensqualität verstehen, sondern die Wirtschaftlichkeit, um nicht zu sagen: Rationierung.

Zwei Untersuchungen aus diesem Institut machen uns als Betroffene große Sorgen:

  1. Insulinanaloga
  2. Untersuchungen zu Blutzuckerselbstmessung

Beides sind unbestritten genau diese Dinge, die für ein selbstbestimmtes Leben mit Diabetes sorgen.

Bei den Insulinanaloga konnten wir wenigstens einen kleinen Kompromiss erreichen, diese dürfen zumindest Kindern weiter verordnet werden. Dies geht aber nicht weit genug! Ganz klar! Insulinanaloga müssen allen Patienten zur Verfügung gestellt werden, die sie brauchen!

Nach unseren Informationen gibt es in keinem anderen europäischen Land diese Diskussion. Im Gegenteil, woanders sind die Analoga die Mittel der ersten Wahl.

Der Arzt vor Ort muss die Entscheidung treffen können, welche Insuline er dem Patienten verordnet, denn nur beide gemeinsam können beurteilen, welcher Weg für den Betroffenen individuell in ein selbstbestimmtes Leben mit dieser chronischen Erkrankung führt.

Hier muss unbedingt schnell und fundamental noch einmal nachgedacht werden.

Sicher sind zunächst Einsparpotentiale zu sehen, aber müssen wir nicht dringend über den Tellerrand hinausblicken und uns darüber Gedanken machen, welche Auswirkungen diese Entscheidung für den weiteren Lebensweg des Patienten hat? Und nicht nur das. Nicht der Diabetes per se ist teuer; nein, teuer, sehr teuer sind die damit verbundenen Folgeerkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt, Nierenversagen, Nervenschädigungen, Erblindungen - Teuer und schicksalsschwer. Ein gut behandelter Diabetes trägt viel dazu bei, dass diese Erkrankungen ausbleiben oder zumindest sehr viel später mit einem weniger schweren Verlauf einsetzen.

Wir, der Deutsche Diabetiker Bund, werden hier nicht locker lassen und uns weiter dafür einsetzen, dass jeder auch Insulinanaloga bekommt, der sie braucht.

Das zweite ist die Blutzuckerselbstkontrolle, die jetzt auf den Prüfstand gestellt wird.

Lassen Sie mich zynisch sagen: Glaubt jemand denn allen Ernstes, dass man einen Lustgewinn empfindet, wenn man sich mehrmals am Tag in den Finger stechen muss? Schauen sie sich doch einmal die Fingerkuppen einiger Diabetiker an.

Bereits heute ist doch die Verordnung von Blutzuckerteststreifen sehr stark reglementiert. Viele Patienten müssen mit ihrem Arzt über die Menge der Teststreifen diskutieren und sie schließlich selbst kaufen, wenn sie auf einen kontrollierten und somit beeinflussbaren Blutzuckerverlauf Wert legen. Jetzt soll auch diese Situation noch verschärft werden.

Meine Damen und Herren,
es ist ein Punkt erreicht, den sich die Patienten nicht mehr gefallen lassen.

Wir haben in Deutschland etwa 7 Millionen Diabetiker, das heißt etwa 7  Millionen potentielle Wähler! Sie werden die Politiker beim Wort nehmen, wenn sie vollmundig behaupten, nur das Wohl der Menschen im Auge zu haben.

Ihnen danken wir, wenn Sie das Thema Diabetes als gesellschaftliches Problem darstellen; denn das ist es tatsächlich. Nicht nur in Deutschland, nicht nur in Europa, sondern weltweit. Was wir uns wünschen ist, dass sie in alle Betrachtungen auch unsere Meinung einbeziehen, denn sie ist geprägt von etwas, was Sie genau brauchen: von Betroffenenkompetenz.

Ich danke Ihnen für Ihr Erscheinen, Ihre Aufmerksamkeit und dafür, dass Sie mit Ihren Beiträgen unser Anliegen unterstützen.

Bildunterschrift: Heinz Windisch, Vorsitzender des Deutschen Diabetiker Bundes und Präsident der Deutschen Diabetes-Union.
Bildquelle: Diabetes-Portal DiabSite

zuletzt bearbeitet: 19.09.2008 nach oben

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