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Gestationsdiabetes: Immer mehr Schwangere zuckerkrank

Verbessertes Screening und zeitnahe Behandlung senkt Risiken für Mutter und Kind

Die Zahl der Schwangeren mit einem Diabetes mellitus ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Die hohen Blutzuckerspiegel machen die Schwangerschaft zu einem Risiko für Mutter und Kind. Eine Früherkennung durch Blutzuckertests wäre möglich. Sie werden in Deutschland jedoch nur selten durchgeführt. Während der 45. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) vom 12. bis 15. Mai 2010 in Stuttgart diskutieren Ärzte und Wissenschaftler unter anderem über Wege, wie Schwangere mit Diabetes schneller zum Spezialisten gelangen.

Insgesamt 4,4 Prozent aller Frauen, die 2008 ein Kind zur Welt brachten, hatten einen Diabetes mellitus. Nur bei wenigen war die Zuckerkrankheit bekannt, die anderen 3,4 Prozent erkrankten erst während der Schwangerschaft. Die Ärzte sprechen dann von einem Gestationsdiabetes, einer besonderen Glukosetoleranzstörung in der Schwangerschaft. Er könnte noch häufiger vorkommen als die Zahlen vermuten lassen. "In Deutschland werden mehr als 50 Prozent dieser Erkrankungen übersehen", vermutet Dr. med. Helmut Kleinwechter, Diabetesfacharzt in Kiel und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Schwangerschaft der DDG.

Die Folgen des Gestationsdiabetes sind ein zu hohes Geburtsgewicht des Babys und häufige Geburtskomplikationen. "Bleibt der Diabetes unbehandelt, so treten sie fünfmal häufiger als bei gesunden Müttern auf", sagt der Experte. Er verweist auf Studien, in denen die frühzeitige Behandlung die Zahl der Neugeborenen-Todesfälle, das Steckenbleiben der Kinder im Geburtskanal sowie die damit zusammenhängenden Knochenbrüche und Armnervenlähmungen bedeutsam gesenkt hat. Dr. Kleinwechter fordert ein verbessertes Screening: "Ein Blutzucker-Suchtest muss dringend den Urinzucker-Streifentest ersetzen und in die Mutterschaftsrichtlinien aufgenommen werden." Wichtig sei auch, betroffene Frauen nach der Geburt weiter zu betreuen, auch wenn sich der Blutzucker zunächst normalisiert. Dr. Kleinwechter: "Jede zweite von ihnen erkrankt in den zehn Jahren nach der Geburt an einem Diabetes mellitus".

Anders als der Gestationsdiabetes ist eine Schwangerschaft von Frauen mit Typ-1-Diabetes vergleichsweise seltener. Diese Frauen werden, wie alle Schwangere, die Insulin spritzen, an spezialisierten Perinatalzentren betreut. Gestiegen ist die Zahl der Schwangeren mit einem Typ-2-Diabetes. Übergewicht, Bewegungsmangel und ungesunde Ernährungsgewohnheiten führen dazu, dass zunehmend bereits Frauen im empfängnisbereiten Alter daran erkranken. Dr. Kleinwechter schätzt den Anteil auf mindestens 20 Prozent aller Schwangerschaften mit vorbekanntem Diabetes, Tendenz steigend. Häufig sind es ältere Mütter und viele haben einen Migrationshintergrund. Dr. Kleinwechter erläutert: "Häufig leiden die Patientinnen an Herz- und Kreislaufbeschwerden und nehmen Medikamente ein. Auch Sprach- und Verständigungsprobleme, die fehlende Vorbeugung von Fehlbildungen durch Folsäure und die oft sehr späte Überweisung an die Zentren verschlechtern die Chancen auf eine komplikationsarme Geburt".

Auch diese Schwangeren müssten deshalb rechtzeitig vom Hausarzt zum Spezialisten überwiesen werden, fordert Dr. Kleinwechter. Wege, diese sinnvollen Maßnahmen besser zu verbreiten, könnten neben einem Anreiz durch bessere Vergütung der "Screening"-Untersuchungen als Kassenleistung auch die bessere Aufklärung der betroffenen Frauen sein.

zuletzt bearbeitet: 03.05.2010 nach oben

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