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AMNOG: Patientennutzen muss im Mittelpunkt stehen

diabetesDE ? Deutsche Diabetes-Hilfe empfiehlt Nachbesserungen

Das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG), das seit Januar 2011 in Kraft ist, regelt die Bewertung neu zugelassener Medikamente hinsichtlich ihres zusätzlichen therapeutischen Nutzens. Das Ergebnis entscheidet über die Höhe ihres Erstattungspreises. Am 29. März 2012 bestätigte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) "aus formalen Gründen" die Bewertung "kein Zusatznutzen" für das Antidiabetikum Linagliptin. Der Hersteller hätte nicht die vorgeschriebene Vergleichstherapie gewählt, so die Begründung.

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), eine der Gründungsorganisationen von diabetesDE, hat jedoch bei definierten Patientengruppen und insbesondere in Kombinationstherapie "keinerlei Zweifel" an dem Zusatznutzen aus der Gruppe der DPP4-Hemmer. Die gemeinnützige Organisation diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe wertet es grundsätzlich als Fortschritt, dass Arzt und Patient jetzt bereits kurz nach Zulassung eines neuen Medikaments verlässliche Informationen darüber haben sollen, ob es sich um eine echte oder nur eine scheinbare Innovation handelt und dass der Preis an die Bedeutsamkeit des Zusatznutzens gekoppelt wird, empfiehlt aber in einer Stellungnahme in einigen Punkten Nachbesserungen des Gesetzes.

"Wir befürworten den Grundsatz, dass nur ein attestierter Zusatznutzen einen höheren Preis für ein neues Medikament rechtfertigt," sagt Prof. Dr. Thomas Danne, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe. Der zunehmende Kostendruck im Gesundheitswesen mache es notwendig, die Preisfindung leistungsgerechter und transparenter zu gestalten und Einsparpotentiale im Arzneimittelsektor zu nutzen.

Vor Inkrafttreten des AMNOG konnten Hersteller für die Zeitspanne von einem Jahr ab Zulassung den Preis für ein neues Medikament frei festlegen - unabhängig davon, ob das Produkt bereits auf dem Markt befindlichen Arzneien überlegen war oder nicht. "Vergleichstherapien und Bewertungskriterien für neue Medikamente müssen durch den G-BA jedoch differenzierter festgelegt werden", kritisiert Danne. "Dabei müssen der Patient, seine Teilhabe am Leben und die Verbesserung seiner Lebensqualität im Mittelpunkt der Nutzenbewertung stehen, nicht eine allgemeine Kostendämpfung zu Lasten einer individuell optimierten Therapiestrategie."

diabetesDE bemängelt in seiner Stellungnahme weiter, dass Patientenvertreter bei der Nutzenbewertung unzureichend beteiligt werden und grundsätzlich in Entscheidungen des G-BA nur ein Anhörungs-, aber kein Stimmrecht haben. Die gemeinnützige Organisation empfiehlt Nachbesserungen des AMNOG in Bezug auf die differenzierte und angemessene Festlegung von Vergleichstherapien sowie Bewertungskriterien des G-BA, eine transparente Darstellung der Studienlage zu neuen Wirkstoffen seitens der pharmazeutischen Hersteller, die Zusammenfassung ähnlicher Medikamente in Wirkstoffgruppen zu Festbeträgen sowie eine patientengerechte Darstellung und Verfügbarkeit der Informationen zu Nutzen und möglichen Schadwirkungen des neuen Medikaments.

Kommt ein neues Medikament auf den Markt, erstellt das Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen (IQWiG) im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) innerhalb von drei Monaten nach Zulassung des Präparats ein Gutachten. Es beurteilt, ob es einen Zusatznutzen im Vergleich zu einer Standardtherapie liefert oder ob es sich um ein sogenanntes "Nachahmerprodukt" mit einem vergleichbaren Vorgänger handelt.

Ein nachweisbarer Zusatznutzen rechtfertigt einen höheren Erstattungsbetrag, den daraufhin der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und der pharmazeutische Hersteller miteinander verhandeln. Attestiert das Gutachten des IQWiG dem neuen Medikament jedoch keinen Zusatznutzen, bestimmt der G-BA per Schiedsverfahren einen Höchstbetrag, der sich nach den Kosten für vergleichbare Arzneien richtet. Stellt sich der Nutzen der neuen Therapie sogar geringer als derjenige der Vergleichstherapie heraus, wird für das neue Medikament ein Abschlag auf den Preis veranschlagt, den die Vergleichstherapie kostet.

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zuletzt bearbeitet: 02.04.2012 nach oben

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