Das unabhängige Diabetes-Portal DiabSite

Home > Aktuelles > Diabetes-Nachrichten > Archive > 2013 > 130113

Bariatrische Chirurgie bei übergewichtigen Diabetespatienten

Geringere Raten kompletter Remission als bisher beobachtet

Aktuelle Studien vorgestellt und kommentiert von Prof. Helmut Schatz

Im November 2012 erschien in "Obesity Surgery" online der Bericht über eine retrospektive Kohortenstudie von 3 großen amerikanischen Versicherungsgruppen an 4434 übergewichtigen Typ-2-Diabetespatienten, die sich einer Roux-en-Y-Magenbypass-Operation unterzogen hatten. In den fünf Jahren nach der Operation war es bei 68.2 % zu einer kompletten Diabetes-Remission gekommen. Bei etwa einem Drittel dieser Initial remittierten Patienten trat der Diabetes innerhalb von 5 Jahren nach der Remission wieder auf.

Indikatoren eines Wiederauftretens des Diabetes nach anfänglicher Remission waren höheres Lebensalter zum Operationszeitpunkt, schlechtere präoperative Stoffwechsellage (HbA1c >6.5 %), Insulinbehandlung und längere Diabetesdauer. Angaben über den Body-Mass-Index (BMI, kg/m²) lagen den Versicherungsgesellschaften erst ab 2002 bzw. 2005 vor, so dass die BMI-Daten nur von 2116 Patienten in einer Subgruppenanalyse ausgewertet werden konnten. Es zeigte sich, dass der präoperative BMI zwischen den Gruppen nicht signifikant unterschiedlich war: Er betrug 45.5 kg/m² bei den 1224 Patienten, die nie eine komplette Remission aufwiesen, 48.8 bei 103 Patienten mit kompletter Remission und 45.6 bei 789 Patienten mit anhaltender Remission.

Kommentar: Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) hat in einer Pressemitteilung und einem Blog-Beitrag zur bariatrischen Chirurgie bei Typ-2-Diabetes Stellung bezogen. Es wurde betont, dass beim Typ-2-Diabetes ein angeborener Defekt der insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse vorliege, der fortschreite, so dass der Diabetes wieder auftreten könne und man Langzeitresultate abwarten müsse.

Die neue Studie stützt diese Ansicht. Ihre Autoren weisen darauf hin, dass die Auswahl geeigneter Patienten zur Operation sorgfältig zu treffen sei und sie führen einige Punkte an, die gegen einen Operationserfolg sprechen. Insgesamt meinen sie, dass die bariatrische Chirurgie möglicherweise früher einzusetzen sei, nicht erst im Stadium der Insulinbedürftigkeit oder bei älteren Patienten nach langer Krankheitsdauer.

Auf jeden Fall bringe die Operation für die Patienten auch andere Vorteile wie bessere Lebensqualität, Besserung anderer Adipositas-assoziierter Erkrankungen wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Schlafapnoe oder Arthrose. Da die UKPDS-10-Jahresstudie einen späteren, positiven ("Legacy-")Effekt einer initialen Stoffwechselbesserung in kardiovaskulärer Hinsicht gezeigt hätte, könnte gleiches auch für die bariatrischen Chirurgie, selbst bei späterem Wiederauftreten des Diabetes zutreffen.

Leider geht die Arbeit von Arterburn et al. nicht auf die zahlreichen und teilweise sehr ernsten physischen und psychischen Probleme nach einem bariatrischen Eingriff, insbesondere im Langzeitverlauf ein. Aus der Publikation geht lediglich hervor, dass von den 4434 operierten Patienten im Verlauf von 13 Jahren nur 108 verstorben waren.

Literatur

  • David E. Arterburn et al.: A Multisite Study of Long-term Remission and Relapse of Type 2 Diabetes Mellitus Following Gastric Bypass. Obesity Surgery online: 18 November 2012.

  • Pressemitteilung der DGE: Vor breitem Einsatz der Magen-OP bei Diabetes Langzeitresultate abwarten: Diabetes kehrt bei jedem Fünften zurück. Pressemitteilung der DGE vom 12. Juli 2012

  • Helmut Schatz: Bariatrische Chirurgie im Vergleich zu medikamentöser Therapie bei übergewichtigen Typ-2-Diabetespatienten. DGE-Blog-Beitrag vom 2. April 2012

  • Rury R. Holman et al.: 10-Year-Follow-up of Intensive Glucose Control in Type 2 Diabetes. New Engl. J. Med. 2008. 359:1577-1589

zuletzt bearbeitet: 13.01.2013 nach oben

Unterstützer der DiabSite:

Birgit Ruben

Birgit Ruben

Weitere Angebote:

Spendenaufruf Ukraine

Hilfeaufruf Ukraine

Diabetes-Portal DiabSite startet Spendenaufruf für Menschen in der Ukraine.