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Falsche Darstellung von Typ-1-Diabetes zur besten Sendezeit

Polizeiruf 110 verfehlt medizinische Realität

Beim aktuellen Polizeiruf 110 vom 5. Mai 2013 spielte die Schauspielerin Catherine Flemming die Firmenchefin Michaela Stolze, die seit mehreren Jahren Diabetes Typ 1 hat. Jedoch verkannten die Drehbuchautoren wichtige Details der Stoffwechselerkrankung und vermittelten so ein falsches Bild des Diabetes Typ 1 zur besten Sendezeit, kritisieren Experten von diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe. Die Symptome einer Unterzuckerung seien mit denen eines Überzuckers verwechselt worden. In der Realität könne eine solche Verwechslung schwerwiegende Folgen haben.

In dem Sonntagabend-Krimi entwendet der Sohn eines gemoppten Kollegen der Chefin Michaela Stolze das lebensnotwenige Insulin, während diese nach einer langen Nacht ein morgendliches Bad im See nimmt. Anschließend zeigt das Opfer die deutlichen Zeichen einer Unterzuckerung: Sie scheint blass, beginnt zu zittern und bricht schließlich innerhalb weniger Minuten bewusstlos zusammen. Diese Situation kann bei Menschen mit Diabetes Typ 1 bei starker Unterzuckerung durchaus eintreten - insbesondere in Folge von körperlicher Bewegung. Bei diesen Patienten produziert die Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr. Menschen mit Diabetes Typ 1 sind daher abhängig von Insulin, das sie sich spritzen oder über eine Pumpe zuführen. Wichtige Voraussetzung dafür ist die regelmäßige Kontrolle des Blutzuckers, der sich nicht nur durch Ernährung, sondern auch durch Bewegung stark verändern kann. Akut lebensgefährdend ist vor allem eine Unterzuckerung.

"Im Film wurden diese Unterzuckerungs-Symptome jedoch mit denen einer Überzuckerung in Verbindung gebracht", sagt Professor Thomas Danne, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe. Denn den vermeintlichen Konsum von Süßigkeiten und die fehlenden Insulinspritzen stellten die Autoren als Auslöser für den Zusammenbruch der Protagonistin dar. Dabei hätte eine Insulininjektion den bereits bestehenden Unterzucker noch verschlimmert, so Danne.

Die Symptome eines zu hohen Blutzuckers hingegen sind andere: Großer Durst, beschleunigte Atmung, Übelkeit und Erbrechen und schließlich Bewusstlosigkeit. Auf Grund des Insulinmangels kommt es zu einer sogenannten diabetischen Ketoazidose, die zum Tod führen kann. "Sie tritt allerdings nicht - wie im Film - innerhalb von Minuten auf, sondern entwickelt sich langsam über Stunden oder sogar Tage", klärt Danne auf. Auch wäre die Aussage eines Arztes in dem Film, dass eine krankenhauspflichtige Diabetes-Entgleisung leicht durch Essen von Kuchen oder Trinken von Cola ausgelöst werden kann, übertrieben.

diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe bedauert, dass die Darstellung des Diabetes Typ 1 im aktuellen Polizeiruf 110 nur ansatzweise der medizinischen Realität entsprach. Korrekt wurde zum Beispiel gezeigt, dass sich Menschen mit Diabetes Typ 1 täglich mehrfach Insulin spritzen müssen. In Deutschland sind ungefähr 300.000 Menschen an Typ 1 Diabetes erkrankt, davon sind mehr als 30.000 jünger als 19 Jahre. "Mit einer differenzierten Darstellung des Diabetes Typ 1 hätte 'Polizeiruf 110: Vor aller Augen' einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung der Bevölkerung leisten können", so Danne. Denn trotz der hohen Betroffenenzahlen existieren immer noch viele Vorurteile im Umgang mit der Stoffwechselerkrankung.

Für mehr Aufklärung, eine nationale Diabetes-Strategie und eine bessere Versorgung für Menschen mit Diabetes Typ 1 und Typ 2 setzt sich auch die deutschlandweite politische Kampagne "Diabetes STOPPEN - jetzt!" ein. Weitere Informationen unter: www.diabetes-stoppen.de.

zuletzt bearbeitet: 07.05.2013 nach oben

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