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Blutdruckziele auch für Menschen mit Diabetes gelockert

Aktuelles vorgestellt und kommentiert von Prof. Helmut Schatz

Nach der neuen Leitlinie zur Hypertonie der Europäischen Gesellschaften für Hypertonie und für Kardiologie reicht für alle, auch Hochrisikopatienten wie Diabetiker mit Nierenschäden oder kardiovaskulären Vorerkrankungen der gleiche obere Richtwert wie für Patienten ohne Organschäden. Der Blutdruck soll unter 140/90 mm Hg liegen.

Bei Blutdruckwerten im oberen Normalbereich, also systolisch von 130 bis 140 mm Hg sollen Allgemeinmaßnahmen wie etwa ein Salzverzehr von höchstens 5-6 g, besser sogar nur 3 g ergriffen werden. Dadurch ließen sich folgende Bludruckerniedrigungen erzielen (in mm Hg, systolisch/diastolisch):

Körperliche Aktivität: 5/3,
salzarme Kost: 5/3,
Gewichtsabnahme um 10 kg: 6/5,
weniger Alkohol 3.5/2.

Medikamente sollten erst ab 160/100 verordnet werden, zwischen 140/90 und 160/100 seien Antihypertensiva nicht unbedingt erforderlich, ihr Einsatz hänge vom kardiovaskulären Gesamtrisiko ab: Die Hypertonie dürfe nicht isoliert, sondern müsse im Zusammenhang mit diesem gesehen werden.

Es gibt jetzt keine "Hierarchie" mehr zwischen den Antihypertensiva der ersten Wahl. Dies sind die ACE-Hemmer, Sartane, Betablocker, Kalziumantagonisten und Diuretika. Zweite Wahl: Aliskeren und Spironolacton. Alle können miteinander kombiniert werden mit Ausnahme der am Renin-Angiotensin-Aldosteronsystem ansetzenden Substanzen. Es sollen möglichst Kombinationen von Substanzen in niedrigerer als der Maximaldosierung eingesetzt werden. Die Tagesdosis soll man auf 2 Gaben verteilen.

Die Denervierung der Nierenarterien wird zurückhaltend eingestuft, zumal noch Langzeiterfahrungen und Outcome-Daten fehlen. Das ambulantes Blutdruck-Monitoring (ABPM) soll vermehrt und als Alternative zur 24h-Blutdruckmessung angewandt werden. Diese bietet freilich den Vorteil, die Nachtabsenkung, das "Dipping" zu erfassen. Von einem "therapierefraktären" Hochdruck dürfe man erst nach Ausschluss von Faktoren wie etwa Fehlmessungen, Schlafapnoe, Alkohol oder Nebenwirkungen von anderen Medikamenten u. a. sprechen. Selbstverständlich müsse dann auf eine sekundäre Hypertonie untersucht werden.

Kommentar

Die neue Hypertonie-Leitlinie ist pragmatisch und einfach, somit für die Praxis wohl besser geeignet als die früheren, differenzierten und oft recht komplizierten. Der Referent erinnert sich noch gut an die manchmal an "Glaubenskriege" erinnernden Diskussionen, die um Fragen ausgefochten wurden, wann bei welchem Patienten welches Medikament zuerst eingesetzt werden soll. Und oft wurde das postulierte Ziel eines möglichst niedrigen Blutdrucks ohnedies nicht erreicht. Insofern ist die neue, auf den jetzt vorliegenden Evidenzen basierende Hypertonie-Leitlinie für alle Ärzte eine große Erleichterung und ein Fortschritt.

Quelle: 23. European Meeting on Hypertension & Cadiovascular Protection 2013 in Mailand. http://www.esh2013.org

zuletzt bearbeitet: 26.11.2013 nach oben

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