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Insulin-Fläschchen mit kurzwirkendem Humaninsulin

NPH-Insuline könnten nicht genügend Insulin enthalten

Aktuelle Studien vorgestellt und kommentiert von Prof. Helmut Schatz

Eine Messung der Insulinkonzentration von Alan W. Carter (Kansas City) und dem DDG-Mitglied Lutz Heinemann (Düsseldorf) in 18 Fläschchen zweier etablierter Insulinfirmen, die in 5 Apotheken in den USA gekauft wurden, ergab überraschend niedrige Insulinmengen. Dabei wurden nur Fläschchen mit Humaninsulin (Normalinsulin / NPH-Insulin) untersucht. Da die Präparate vor Verlassen der Herstellerfirmen strengen Prüfungen unterliegen und nicht weniger Insulin als 95 E/ml in den 100 E/ml-Fläschchen/Patronen und Pens enthalten sein dürfen, ist die plausibelste Ursache wohl eine Unterbrechung in der Kühlkette, über die das Insulin vom Hersteller über die Großhändler bis zur Apotheken-Abgabe an die Patienten gebracht wird. Bei den Fläschchen variierte der Insulingehalt zwischen 13,9 und 94,2 E/ml, im Mittel lag er bei 40,2 E/ml.

Die Insulinmessung wurde mit einer massenspektrometrischen Methode durchgeführt und nicht mit der Standardtechnik der amerikanischen Arzneibehörde (FDA) zur Insulinquantifizierung. Dies erklärt aber vermutlich nicht den geringen Insulingehalt der in den Apotheken abgegebene Insulinpräparationen. Die 18 der in fünf Apotheken gekauften Präparate wurden von drei verschiedenen Großhändlern geliefert. Assoziationen des Insulingehalts mit den Lieferanten oder Apotheken wurden nicht festgestellt.

Kommentar

Insulinformulierungen mit diesem Peptid sollen zwischen 2 und 8 Grad Celsius transportiert und vor der Abgabe an Patienten bei den Großhändlern und in den Apotheken geeignet aufbewahrt werden. Die Transportkette unterliegt in Deutschland der Kontrolle. Insulin darf nicht eingefroren werden, aber auch nicht zu warm gehalten werden und muß vor Licht geschützt sein, was bei originalverpackten Präparaten der Fall ist. Patienten dürfen Insulin also keinesfalls ins Tiefkühlfach legen oder die Packung zu warm werden lassen. Über 40 Grad Celsius wird Insulin abgebaut. Neu angebrochene Packungen können Patienten lichtgeschützt bei Raumtemperatur, Pens auch in der Kleidung bei normalen Temperaturen etwa 6 Wochen lang aufbewahren.

Eine Untersuchung wie in den USA sollte in größerem Stil sowie - trotz unserer kontrollierten Transportketten - in Deutschland und auch in Europa erfolgen, unter Einbeziehung von Analog- und Biosimilar-Insulinen der verschiedenen Hersteller. Die Insulinpräparate für die Testungen durch Carter und Heinemann stammten von den Firmen Novo Nordisk und Lilly, wie dem Beitrag in Medscape vom 15. Januar 2018 zu entnehmen ist. In diesem Beitrag werden auch die Stellungnahmen von Sprechern der beiden Firmen abgedruckt.

Wenn auch zu hoffen und anzunehmen ist, dass in Deutschland die in Apotheken abgegebenen Insulinpräparate korrekt die angezeigte Insulinmenge enthalten, sollten unsere Diabetespatienten vorsichtshalber jetzt einmal darauf achten, ob nach Verwendung von neuen Patronen/Fläschchen oder Pens sonst unerklärliche Blutzuckeranstiege auftreten und sie dann, gut geschult, die Insulindosis erhöhen mussten. Sie sollten dies dann auch ihrem Arzt berichten.

Helmut Schatz

Literatur

  • Alan W. Carter, Lutz Heinemann: Insulin concentration in vials randomly purchased in pharmacies in the United States: considerable loss in the cold supply chain. J. Diabetes Sci Technol. Published online December 21, 2017

  • E.E. Chambers et al.: Development of a fast method for direct analysis of intact synthetic insulins in human plasma: the large peptide challenge. Bioanalysis 2013. 5(1):65-81

  • Miriam E. Tucker: Insulin vials and pens may not contain sufficient insulin. Medscape Januar 15, 2016.

zuletzt bearbeitet: 24.01.2018 nach oben

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