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Diabetes - nicht nur eine Typ-Frage!

Expertenstatement von Professor Dr. med. Michael Roden, Kongresspräsident Diabetes Kongress 2019, Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf, Vorstand und Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ), Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Vorstandsmitglied DZD, Universitätsprofessor und Lehrstuhl für Innere Medizin, Endokrinologie und Stoffwechselkrankheiten der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), im Rahmen der Pressekonferenz zum Diabetes Kongresses 2019 der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), am 30. Mai 2019 in Berlin.

Neue Behandlungsmöglichkeiten von Lebererkrankungen als Komplikation bei Diabetes Typ 2

Prof. Michael Roden, Vorstand und Wissenschaftlicher Geschäftsführer am Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) Die nichtalkoholische Fettleber (non-alcoholic fatty liver disease, NAFLD) ist mittlerweile die häufigste chronische Lebererkrankung in den westlichen Industrienationen. Auch in Deutschland sind nach aktuellen Schätzungen etwa 18 Millionen Menschen betroffen, wobei ca. 3,3 Millionen bereits an einer entzündlichen Form, der nicht-alkoholischen Fettleberhepatitis (NASH) leiden.[1] Bis zum Jahr 2030 wird ein weiterer Anstieg auf circa 21 beziehungsweise 4,7 Millionen Betroffene erwartet. Parallel wird zu diesem Zeitpunkt die Zahl von fortgeschrittenen Stadien der NAFLD, der Leberfibrose und -zirrhose, auf mehr als eine Million Deutsche zugenommen haben und sich das Risiko für Leberkrebs und Lebertransplantationen erhöhen. Im Kontext des Diabetes ist dies von besonderer Bedeutung, da die NAFLD vor allem Menschen mit Übergewicht, Insulinresistenz bzw. Metabolischem Syndrom und Typ-2-Diabetes betrifft.

Die Ursache liegt im Besonderen in der Insulinresistenz des Fettgewebes, das in der Folge Neutralfette (Triglyzeride) nicht ausreichend speichert und so die Umverteilung in die Leber begünstigt. Wie Wissenschaftlerinnen am DDZ in Düsseldorf und am Touchstone Diabetes Center in Texas (USA) zeigten, bewirken bestimmte Fettabbauprodukte (Lipotoxine) in der Folge komplexe Störungen der Leberfunktion.[2] Neueste Ergebnisse, die von den Arbeitsgruppen des DZD aus Düsseldorf und Tübingen bei diesem Kongress präsentiert werden, zeigen nun, dass es anhand einfacher Tests möglich ist, spezielle Patientengruppen (Cluster) zu identifizieren, die ein erhöhtes Risiko für NAFLD und damit verbunden auch für andere Diabetesfolgen wie zum Beispiel Nieren- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweisen. Dies ist von besonderer Bedeutung, da eine Fettleber oft keine Beschwerden verursacht und nur durch Zufall entdeckt wird. Diese Daten sowie ein aktualisiertes Konzept zur Erkennung von NAFLD der AG Darm und Leber der DDG werden beim Diabetes Kongress 2019 vorgestellt werden.

Internationale Leitlinien[3] empfehlen derzeit nur eine Gewichtsabnahme bei Übergewicht von etwa 10 Prozent, womit auch in fortgeschrittenen Stadien der NAFLD eine deutliche Besserung, allerdings derzeit nur bei 10 Prozent der Betroffenen, nachhaltig erreichbar ist. Ob neue Strategien der Lebensstiländerung nicht nur zur Diabetes-Remission, sondern auch zur NAFLD-Therapie erfolgreich sind, wird in verschiedenen Sitzungen des Diabetes Kongresses 2019 unter anderem mit dem Präsidenten der European Foundation for the Study of Diabetes  EFSD), Professor Stefano Del Prato, Universität Pisa, diskutiert. Doch auch für jene Patienten, bei denen diese Maßnahmen nicht ausreichend wirksam sind, gibt es neue Hoffnung durch neue Medikamente.[4] Zahlreiche Studien, unter anderem auch aus Deutschland, ergeben Hinweise auf eine Verbesserung der NAFLD durch medikamentöse Therapie bei bereits geringerem Gewichtsverlust. Die neuesten dieser Studien werden ebenso beim Diabetes Kongress 2019 vorgestellt werden.

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Quellen

  1. Estes C et al. Modeling NAFLD disease burden in China, France, Germany, Italy, Japan, Spain, United Kingdom, and United States for the period 2016–2030. J Hepatol. 2018 October; 69 (4): 896-904. DOI: https://doi.org/10.1016/j.jhep.2018.05.036.

  2. Apostolopoulou M et al. Specific Hepatic Sphingolipids Relate to Insulin Resistance, Oxidative Stress, and Inflammation in Nonalcoholic Steatohepatitis. Diabetes Care 2018; 41: 1235-1243.

  3. European Association for the Study of the Liver. EASL-EASD-EASO Clinical Practice Guidelines for the management of non-alcoholic fatty liver disease. Journal of hepatology 2016; 64 (6): 1388-1402.

  4. Tilg H, Moschen AR, Roden M. NAFLD and diabetes mellitus. Nat Rev Gastroenterol Hepatol 2017; 14: 32-42. doi: 10.1038/nrgastro.2016.147.

Bildunterschrift: Prof. Michael Roden, Vorstand und Wissenschaftlicher Geschäftsführer am Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ)
Bildquelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
Foto: Dirk Deckbar

zuletzt bearbeitet: 02.06.2019 nach oben

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