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Patientensicherheit als Leitmotiv der Politik und oberstes Gebot der medizinischen Versorgung

APS-Jahrestagung vom 29.-30. April 2021

Die Parteien haben ihre Kanzlerkandidaten in Stellung gebracht, der Wahlkampf für die Bundestagswahl geht allmählich in die heiße Phase. Wie auch immer die neue Bundesregierung ab Herbst aussehen wird - sieben Anliegen für die nächste Legislaturperiode zum Thema Sicherheit im Gesundheitswesen hat das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS) bereits jetzt zusammengestellt - und lädt ein, diese auch schon vorher umzusetzen: Sieben konkrete Forderungen an die Politik, die dazu beitragen sollen, das Gesundheitswesen leistungsfähiger zu machen, eine neue Sicherheitskultur zu entwickeln und mögliche Patientenschädigungen zu vermeiden. Die sieben Handlungsanstöße werden auf der Pressekonferenz anlässlich der APS-Jahrestagung vorgestellt, die am 27. April online stattfand (Anmeldung unter: https://attendee.gotowebinar.com/…).

"Wenn man den Gedanken der Patientensicherheit im Gesundheitswesen verankern möchte, dann muss man die allgemeine Haltung zu dem Thema verändern“, sagt die APS-Vorsitzende Dr. Ruth Hecker. Eine Kulturveränderung sei aber ein langwieriger Prozess, der zum einen von unten - Ã¼ber eine Verankerung der Patientensicherheit in der Ausbildung aller Gesundheitsberufe - zum anderen aber über die obersten Entscheidungsebenen ablaufen müsse. Es müssten sämtliche Akteure im Gesundheitswesen eingebunden werden - von Krankenhäusern, Körperschaften und politischen Institutionen über Pharma- und Medizintechnikfirmen bis hin zu den Praxen von Ärzten und anderen Gesundheitsberufen. "In all diesen Bereichen gehört das Thema Patientensicherheit in die Unternehmensstrategie", so Hecker. Hier müsse es über eindeutig formulierte und mithilfe von Kennzahlen nachprüfbare Ziele verankert werden, über die in größeren Firmen auch regelmäßig der Aufsichtsrat informiert wird. Die Verantwortung hierfür liege auf oberster Ebene, also bei einem Mitglied des Vorstands oder der Geschäftsführung, so eine der APS-Forderungen.

Um rasch auf Missstände oder fehleranfällige Mechanismen in der Gesundheitsversorgung reagieren zu können, sollten diese zeitnah und möglichst aufwandsarm identifiziert werden können. Auch hier setzen einige der Forderungen an - etwa die nach Transparenz in Bezug auf Qualität und Patientensicherheit. „Das Prinzip der Freiwilligkeit, das wir in den vergangenen 15 Jahren verfolgt haben, hat hier nicht den gewünschten Erfolg gebracht", so Hecker. Auch eine Stärkung und Weitentwicklung der Position des/der Patientenbeauftragten der Bundesregierung in eine Ombudsstelle, bei der Betroffene (Patientinnen und Patienten, aber auch alle Gesundheitsberufe) Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen melden können - zählt zu den Anliegen des APS. "In einem komplexen Gesundheitswesen entfalten Gesetze oft nicht die gewünschte Wirkung", erläutert Hecker. Ausbleibende oder möglicherweise sogar negative Auswirkungen könnten nur dann zeitnah erkannt und korrigiert werden, wenn Mechanismen für eine direkte und konstruktive Rückmeldung etabliert würden.

Dass selbst gut gemeinte Gesetze beim Kontakt mit der Wirklichkeit schnell Schwächen offenbaren können, hat sich während der Coronapandemie besonders deutlich gezeigt. "Für behinderte Menschen, die nicht in einem Heim leben, stand aufgrund der fehlenden Priorisierung in Impfgruppe 1 lange Zeit kein Impfstoff zur Verfügung", berichtet Constantin Grosch, stellvertretender APS-Vorsitzender und Patientenvertreter im G-BA, aus eigener Erfahrung. Als Muskeldystrophie Betroffener wäre er aufgrund seiner beeinträchtigten Atemmuskulatur vermutlich besonders anfällig für einen schweren COVID-19-Verlauf. "Weder ich noch meine acht Helfer, die mich im Wechsel durch den Alltag begleiten, haben eine hohe Impfpriorität erhalten", sagt Grosch - ein Umstand, der ihn in den vergangenen 12 Monaten zu fast vollständiger Isolation gezwungen hat. Inzwischen ist er vor wenigen Tagen geimpft worden.

Allerdings verweist er auf die Situation in der ambulanten und stationären Versorgung vor allem im ländlichen Raum, die oftmals nicht barrierefrei zugänglich sei. Dies erschwere die Impfungen von behinderten Menschen durch Haus- und Fachärzte und gefährde grundsätzlich die Versorgungssicherheit dieser Patientengruppe. Versorgung, die aufgrund von fehlender Barrierefreiheit oder unzugänglichen Informationen gefährdet ist oder gar unterbleibt, stellt ein Risiko für die Patienten dar. Die Forderung nach mehr Barrierefreiheit als Teil der Patientensicherheit findet sich daher auch in den sieben aktuellen Handlungsanstößen des APS wieder.

"Das APS bietet den politischen Entscheidungsträgern gern an, sich in die weitere Gestaltung der geforderten Maßnahmen einzubringen", so Professor Dr. Reinhard Strametz, Generalsekretär des APS und Tagungspräsident der diesjährigen Jahrestagung. Bereits ein Blick in das Programm der Jahrestagung zeige, dass das APS starker Partner mit großer Kompetenz in diesen Fragen sei. Vorsitzende Hecker: "Mit der großen Bandbreite an Themen aus allen Gesundheitsbereichen zeigt das APS plastisch, was es auch von der Politik fordert: Es geht darum, Verantwortung für eine sichere Patientenversorgung zu übernehmen - auf allen Ebenen."

zuletzt bearbeitet: 27.04.2021 nach oben

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