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Der bytes4diabetes-Award 2022

Pressemitteilung: BERLIN-CHEMIE AG

Vier innovative digitale Projekte rund um die Diabetestherapie ausgezeichnet

Verleihung anlässlich des DiaTec 2022

Logo zum bytes4diabetes-Award Universitäre Wissenschaftsprojekte und ein Start-up im Rampenlicht: Vier innovative Digital-Projekte sind am 27. Januar 2022 mit dem bytes4diabetes-Award 2022 ausgezeichnet worden. Zum dritten Mal wurde der Award von der BERLIN-CHEMIE AG gemeinsam mit führenden Diabetesexperten des Zukunftsboards Digitalisierung (zd) ausgeschrieben, um digitale Projekte, die Menschen mit Diabetes unterstützen, zu fördern. Die Verleihung fand im Rahmen eines Satellitensymposiums der BERLIN-CHEMIE AG im Vorfeld des virtuellen DiaTec-Kongresses statt, bei dem auch der Digitalisierungs- und Technologiereport Diabetes 2022 vorgestellt wurde.

Alle Informationen auch unter www.diabetes.berlin-chemie.de/foerderpreise/bytes4diabetes-award

Auch in diesem Jahr haben sich wieder zahlreiche spannende Projekte um den bytes4diabetes-Award beworben. "Wir hatten ein breites Spektrum an Bewerbungen: universitäre Projekte, Einzelpersonen, Ärzte/Ärztinnen oder Start-ups", so Prof. Dr. Bernhard Kulzer, Bad Mergentheim. "Jedes Projekt versucht auf seine Weise, Prävention, Therapie, oder Diagnostik zu verbessern", ergänzt Prof. Dr. Lutz Heinemann, Kaarst, der zusammen mit Bernhard Kulzer die diesjährige Preisverleihung des bytes4diabetes-Awards 2022 moderierte. Neben den acht Finalisten waren auch die Gewinner aus 2020 und 2021 - SNAQ aus Zürich und meala aus Berlin - zugeschaltet. "Dass der bytes4diabetes-Award für diese Projekte die Initialzündung für weitere Kooperationen und Wachstum war, ist großartig und freut uns sehr", erläutert Kulzer.

1. Platz: Neue Routine für mehr Sicherheit - SmartDiabetesCare

Die Prävalenz des Diabetes im Krankenhaus wird auf 30-40 Prozent geschätzt.[1,2] Doch die Behandlung aller Diabetespatienten/innen, auch denen mit einer Nebendiagnose Diabetes auf verschiedenen Stationen im Krankenhaus, ist eine schwierige Aufgabe. Aufgrund unterschiedlicher Verantwortlichkeiten, Strukturen in den unterschiedlichen Abteilungen und dem Umstand, dass in die Behandlung viele Berufsgruppen involviert sind, ist die strukturierte Diagnostik und Therapie von Menschen mit Diabetes und einer Nebendiagnose eine Herausforderung.

Im Universitätsklinikum Essen hat das Team rund um PD Dr. med. Susanne Reger-Tan, Leiterin des Diabeteszentrums am Universitätsklinikum Essen, das Projekt SmartDiabetesCare entwickelt. Ein systematisches Diabetesscreening, das in den Prozess der stationären Aufnahme implementiert worden ist und HbA1c, Glukosespiegel und diabetesspezifische ICD-Codes abfragt. Bei auffälligen Screeningbefunden wird ein Algorithmus-getriggerter Alarm (eAlert) an das Diabetesteam gesendet, das dann zeitnah intervenieren kann. Der/die Patient/in erhält einen Sensor zur kontinuierlichen Glukosemessung sowie ein Klinik-Smartphone. Die durch den/die Patient/in oder durch das Klinikpersonal per Scan abgerufenen Glukosewerte werden sofort an das Diabetesteam weitergeleitet, das bei drohenden Hypoglykämien primarpräventiv Gegenmaßnahmen einleiten kann (integrierter Hypoglykämiealarm). Der große Vorteil von SmartDiabetesCare liegt darin, dass sehr niederschwellig Hochrisikopatienten/innen identifiziert, kontaktlos Glukosewerte gemessen und medizinisches Personal sowie Patienten/innen deutlich entlastet werden können. Auch ein bisher unbekannter Diabetes kann durch das Screening im Rahmen der stationären Aufnahme identifiziert und einer Behandlung zugeführt werden. "SmartDiabetesCare ist ein zukunftsweisendes Projekt für die klinische diabetologische Versorgung und hat das Potenzial, das Monitoring von Diabetespatienten/innen richtungsweisend zu verbessern", so Projektpate Nico Richter, Hamburg, bei der Preisverleihung.

1. Platz: diafyt - Mit Künstlicher Intelligenz Glukose kontrollieren

Gut kontrollierte Glukosewerte können das Risiko für Diabeteskomplikationen und -folgeerkrankungen verringern.[3] Viele Patienten/innen, insbesondere mit Typ-1-Diabetes, sind hierfür auf die intensivierte konventionelle Insulintherapie angewiesen. Das Start-up diafyt hat eine Smartphone-App entwickelt, deren selbstlernende Künstliche Intelligenz (KI) die korrekte Insulindosis berechnet. Die diafyt App liest per NFC (Near Field Communication) Glukosesensoren aus, die aufgenommene Kohlenhydratmenge wird manuell eingegeben. Daraus berechnet der Algorithmus der App den individuellen Insulinbedarf. Die KI ist selbstlernend, so werden die Vorschläge für die Insulindosierung mit der Zeit immer individueller. Dies soll das Risiko von Ãœber- und Unterzuckerungen verringern und zu einem guten HbA1c beitragen. Nach eigenen Angaben hat das von Thomas Wuttke, Leipzig, ins Leben gerufene Start-up als Erstes eine funktionierende KI zur Insulindosisbestimmung entwickelt, klinisch getestet, eine Medizingerätezulassung erreicht und in Europa auf den Markt gebracht.

Bereits 300 Patienten/innen wenden die KI von diafyt an, besonders bei schwer einstellbaren Patienten/innen seien die Ergebnisse sehr erfolgversprechend, so der Entwickler. diafyt ist für die Nutzung mit Insulinpumpen geeignet, die Software funktioniere sehr ähnlich wie die in einem AID-System und könnte in Zukunft auch hierfür die Grundlage bilden. "Unser erster Platz diafyt zeichnet sich durch einen hohen Innovationsgrad aus und steht für High-tech made in Germany", so Projektpatin Lisa Schütte, Kassel.

Das Team um den Preisträger Thomas Wuttke arbeitet an weiteren Projekten: Ein eigens entwickelter High-Tech-Insulinpen sowie ein neuartiger Halbleitersensor für Glukose - und zukünftig für weitere diabetische Bioindikatoren - haben bereits Prototypenstatus erreicht.

Hierfür arbeitet diafyt u. a. mit der TU und der Universität Dresden, der Charité Berlin sowie internationalen Kooperationspartnern zusammen. Der neue Insulinpen soll Fehler in der Anwendung erkennen und helfen, diese zu vermeiden. Denn bisherige Smartpens ließen laut Wuttke z. B. Probleme wie eine leere Batterie und komplizierte Bedienbarkeit größtenteils außer Acht.

Platz 2: DIA-KARLOTTA - Diabetes-Wissen spielerisch lernen und testen

Mit DIA-KARLOTTA hat das Team der Kinderdiabetesambulanz des Universitätsklinikums Aachen um Dr. med. Angeliki Pappa ein Lernquiz entwickelt, das gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt: Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes können in der Ambulanz beim Warten auf ihren nächsten Termin ihr Diabetes-Wissen spielerisch erweitern und sich so gleichzeitig von Langeweile oder Sorgen ablenken. Dabei steht den Kindern und Jugendlichen die Spielfigur "KARLOTTA" zur Seite. Der Name ist ein Akronym und steht für "Kids + Adolescents Research Learning On Tablet Teaching Aachen". Gemeinsam mit der Spielfigur, einem kleinen Vogel, können im Wartebereich der Ambulanz verschiedene virtuelle Welten entdeckt und durch das Beantworten von diabetesspezifischen Fragen Punkte gesammelt werden. Das Projekt verknüpft dabei bekannte Inhalte aus Schulungsprogrammen für Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes mit einem spielerischen und altersgerechten Ansatz. DIA-KARLOTTA soll Kinder und Jugendliche dazu motivieren, sich aktiv mit Schulungsinhalten auseinanderzusetzen und so ein besseres Verständnis für ihre Erkrankung zu entwickeln. "Die frühe Vermittlung von Schulungsinhalten ist bei Kindern mit Typ-1-Diabetes entscheidend - genau hier setzt DIA-KARLOTTA an", erläutert Sabine Hochstadt, Berlin, Projektpatin in Ihrer Laudatio zur Verleihung des zweiten Preises.

Das Programm soll dazu beitragen, die Selbstwirksamkeit der jungen Patienten/innen zu stärken und ihre Therapieadhärenz zu verbessern. Durch das Spielen von DIA-KARLOTTA im Wartebereich einer Klinik können Kinder und Jugendliche ihre Wissenslücken erkennen und das anschließende Gespräch mit dem Diabetesteam selbst aktiv gestalten, um diese Lücken zu schließen. Die Behandler/innen erhalten die Ergebnisse direkt und können dadurch auch ihrerseits jene Themen ansprechen, bei denen die Kenntnisse der jungen Patienten*innen noch vertieft werden sollten. Das Programm zielt auch darauf ab, negative Gefühle in Bezug auf den anstehenden Termin abzubauen und bestenfalls in Vorfreude zu verwandeln. Bei älteren Jugendlichen soll das Spiel zudem die Bereitschaft zum Übergang in die Erwachsenenmedizin erfassen, damit dieser Prozess zum richtigen Zeitpunkt angestoßen werden kann. Im Bereich chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen wurde das Tablet-Quiz bereits etabliert und sowohl von Behandlern/innen als auch von Patienten/innen positiv aufgenommen. Mit der Förderung durch den bytes4diabetes-Award möchte das Team das Pilotprojekt optimieren und die weitere Verbreitung und Anwendung von DIA-KARLOTTA vorantreiben.

Sonderpreis: Prediabetes Clusters - punktgenaue Prävention

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur gezielten Prävention ist die im letzten Jahr durch Wissenschaftler*innen des Universitätsklinikums Tübingen publizierte Identifizierung von sechs Subtypen des Prädiabetes.[4] Forscher/innen der Endokrinologie/Diabetologie evaluieren im Rahmen des Projekts "Prediabetes Clusters" aktuell den eigens entwickelten Algorithmus. Dieser soll eine schnelle und einfache Identifikation von Personen mit hohem Risiko für Typ-2-Diabetes und hohem Risiko für eine rasche Entwicklung von Folgeerkrankungen ermöglichen. Denn bereits der Prädiabetes, der häufig nicht erkannt wird[4], stellt einen wesentlichen Risikofaktor für kardiovaskuläre und mikroangiopathische Langzeitkomplikationen dar.[5]

Deshalb ist es wichtig, die Risiken für bestimmte Komplikationen früh zu entdecken. Allein aufgrund der Blutglukosewerte, auf denen die Diagnose eines Prädiabetes derzeit basiert,[4] ließ sich die spätere Entwicklung eines Typ-2-Diabetes laut den Studiendaten von Wagner et al. nicht vorhersagen.[4] Auch Übergewicht bedeutete den Daten zufolge kein per se erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes. Erst wenn die Kombination verschiedener Parameter, wie etwa Insulinsensitivität oder Körperfettverteilung, betrachtet wurde, ermöglichte das eine klarere Einschätzung des Diabetesrisikos.[4]

Zur Risikoabschätzung bzw. Klassifikation zieht der Algorithmus die Faktoren Glykämie während der Glukosebelastung, Insulinsensitivität, Insulinsekretion, Nüchterninsulin, Nüchterntriglyceride, Taillenumfang, Hüftumfang, Body-Mass-Index (BMI) und HDL-Cholesterin heran. Der Algorithmus ist auch dazu in der Lage, einen aufwändigeren Variablensatz (Glykämie während der Glukosebelastung, Insulinsensitivität, Insulinsekretion, HDL-Cholesterin, Leberfettgehalt, subkutanes Fettvolumen, viszerales Fettvolumen und einen polygenen Risiko-Score für das Typ-2-Diabetes-Risiko) für die Clustereinteilung anzuwenden.

Die Entdeckung der Prädiabetes-Subtypen (Clusters) ermöglicht somit, ein Risiko für Typ-2-Diabetes sowie die Neigung zu spezifischen diabetischen Folgeerkrankungen schon früh zu erkennen: Drei der sechs Cluster wiesen ein moderates bis hohes Risiko für Diabetes auf.[4] Bei einer Gruppe zeigte sich ein höheres Risiko für eine Nierenschädigung bei moderatem Diabetesrisiko.[4] "Prediabetes Clusters macht einen großen Schritt in Richtung einer gezielten Prävention von Hochrisikopatienten/innen hinsichtlich der Entwicklung eines Typ-2-Diabetes sowie diabetischer Folgeerkrankungen", so Projektpate Dr. Jens Kröger, Hamburg.

Der Cluster-Algorithmus wird zurzeit nur für wissenschaftliche Zwecke eingesetzt. Zukünftig soll er als Grundlage der App vielseitiger einsetzbar sein und Ärzten/innen und weiteren interessierten Personen zur Verfügung stehen. Vorher soll die Anwendung vereinfacht werden, um sie intuitiver und personalisierbarer zu machen.

Publikumspreis geht an

Auch in diesem Jahr hatten die Zuschauer der Preisverleihung wieder die Gelegenheit, darüber abzustimmen, welches der acht Finalistenprojekte mit dem Publikumspreis ausgezeichnet werden sollte. Die Entscheidung fiel auf DIA-KARLOTTA.

Quellen

  1. Müller-Wieland D et al. Int J Clin Pract 2018; 72(12): e13273
  2. Kufeldt J et al. Exp Clin Endocrinol Diabetes 2018; 126(2): 123-129
  3. Jordan S et al. Endocrinol Metab Clin North Am 2020; 49(4): 667-678
  4. Wagner R et al. Nat Med 2021; 27: 49-57
  5. Kabisch S. Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2022. S. 25

Bildunterschrift: Logo zum bytes4diabetes-Award
Bildquelle: BERLIN-CHEMIE AG

zuletzt bearbeitet: 05.02.2022 nach oben

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