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Diabetes: Angriff auf das Herz "von allen Seiten"

"Kardiale Frühdiagnostik beim Diabetiker - warum, wann, wo, womit?"

Dass Diabetes nicht nur eine Stoffwechselstörung - eben der "Zucker" - ist, sondern von Anfang an auch das Herz bedroht, wurde deutlich auf der Pressekonferenz der Stiftung "Der herzkranke Diabetiker" (DHD) im Rahmen des Diabeteskongresses im Mai 2003 in Bremen. Gleich von drei Seiten greift die Zuckerkrankheit sogar schon in ihren Vorstadien die Herzfunktion an.

Zum einen werden die den Herzmuskel versorgenden Herzkranzgefäße (Koronarien) bei Diabetikern viel häufiger als bei Nichtdiabetikern durch plötzlichen Verschluss blockiert. Dabei spielt eine gesteigerte Neigung zur Blutgerinnung eine wichtige Rolle, wie der Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung DHD, Prof. Dr. Diethelm Tschöpe, Bad Oeynhausen, auf der Pressekonferenz feststellte: "Bei Diabetikern liegt ständig ein präthrombotischer Zustand vor." Die Folge ist oft ein Herzinfarkt.

Zweitens greift der Diabetes die Nervenfasern an. "Etwa 30 % aller langjährigen Diabetiker weisen eine gestörte Funktion des Herz-Nervensystems auf", stellte PD Dr. Oliver Schnell, München, fest. "Aber auch neu entdeckte Diabetiker können von diesen Störungen betroffen sein." Sind die Nervenfasern am Herzen geschädigt, dann können Signale nicht mehr fehlerfrei und schnell übertragen werden. Das Herz gerät aus dem Takt und kann besonders auf unterschiedliche Belastung (Tag/Nacht, Bewegung/Ruhe) nicht mehr angemessen reagieren - die Gefahr für den "plötzlichen Herztod" steigt.

Zu alledem kommt drittens noch eine besonders heimtückische Störung, die wiederum die Nervenfunktion betrifft: Die Schmerzwahrnehmung des Diabetespatienten ist gestört, so dass er die Gefäßprobleme nicht rechtzeitig spürt. Selbst eine Angina pectoris oder ein lebensbedrohlicher Herzinfarkt bleiben auf diese Weise sehr oft unbemerkt und deshalb unbehandelt.

"Millionen Bundesbürger wissen überhaupt nicht, dass sie einen Diabetes mellitus haben und Hunderttausende Diabetiker völlig ohne Herzbeschwerden wissen nicht, dass sie herzinfarktgefährdet sind", warnte Dr. Rolf Dörr, Dresden. Die Experten waren sich aber darin einig, dass es so weit gar nicht erst kommen müsse: "In einer breiten interdisziplinären Zusammenarbeit von Hausärzten, Diabetologen und Kardiologen lässt sich für jeden Patienten ein individueller Therapieansatz finden", so Tschöpe. "Dazu gehört neben der Behandlung des Zuckerstoffwechsels eben auch die Vorbeugung von Gefäßschäden."

Um mögliche frühe Gefäßschäden überhaupt feststellen zu können, stehen heute hoch empfindliche Methoden zur Verfügung. Das EKG im Ruhezustand ist leider allein nicht ausreichend aussagekräftig und ein Belastungs-EKG nur bei ca. 70 Prozent aller Patienten technisch durchführbar oder diagnostisch verwertbar. Mit den deutlich empfindlicheren modernen Untersuchungsmethoden wie der Stressechokardiographie oder der SPECTMyokardszintigraphie lasse sich aber auch dieses Problem lösen, erklärte Dörr: "Die körperliche Belastung kann auch durch eine Infusion simuliert werden." Deshalb seien diese Untersuchungen im Gegensatz zum Belastungs-EKG bei allen Patienten durchführbar.

Der Kardiologe stellte in diesem Zusammenhang neueste Daten der DIAD-Studie (= "Detection of Ischemia in Asymptomatic Diabetics"), die mittels SPECT-Myokardszintigraphie erhoben wurden, vor. Demnach liegt bei jedem vierten bis fünften Diabetiker ohne jegliche Herzsymptome eine manifeste koronare Herzkrankheit mit Herzinfarktgefährdung vor. Dörr: "Wir dürfen bei Diabetikern nicht auf Herzsymptome warten, zumal der Infarkt häufig das erste Symptom ist." Schnell ergänzte: "Diabetiker sollten jährlich durch EKGbasierte kardiale Funktionstests auf das Vorliegen von Störungen des autonomen Nervensystems untersucht werden." Liegen solche Nervenstörungen vor, müsse eine eingehende Herzdiagnostik folgen.

zuletzt bearbeitet: 28.05.2003 nach oben

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