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Forschungsstelle Gesundheitsökonomie nimmt Stellung zur Debatte um die Gesundheitsreform

Pressemitteilung: Universität Hannover

10-Punkte-Programm soll das System vereinfachen

Die Debatte um die Reform der Krankenversicherungen wird von Hektik und Aktionismus bestimmt. Kaum scheint ein Kompromiss gefunden, bricht die Diskussion erneut los: Bürgerversicherung, Kopfpauschale, Tabaksteuer oder Zusatzversicherung? Prof. Johann-Matthias Graf von der Schulenburg von der Forschungsstelle Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung der Universität Hannover mahnt die Gesundheitspolitiker in der Zeitschrift "Forum für Gesundheitspolitik" zu Sachlichkeit und einem überlegterem Vorgehen. Er schlägt ein 10-Punkte-Programm vor, mit dem große Wirkungen im Gesundheitssystem erzielt werden könnten. Sein Credo: Das System vereinfachen und bei den Versicherten eine wirtschaftliche Verhaltensweise fördern.

Zentrale Forderung ist eine Versicherungspflicht für alle Bürger, denn das derzeitige System, das Arbeitnehmer bis zur Bemessungsgrenze von 3.825 Euro anders behandelt als Beamte, Selbstständige und Besserverdienende entbehrt jeder Grundlage. Gleichzeitig soll der Arbeitgeber von der Finanzierung abgekoppelt werden; der heutige Arbeitgeberbeitrag würde dann an die Arbeitnehmer ausgezahlt. So wird die ständige Erhöhung der Lohnnebenkosten beendet.

Alle Bürger schließen selbst Verträge mit einer Krankenkasse ab, diese müssen gesetzlich definierte Mindestleistungen anbieten. Doch der Wettbewerb unter den Krankenkassen kann nur richtig funktionieren, wenn die sie unabhängig von den Einkommen ihrer Mitglieder werden. Die Beitragssätze würden dann nicht mehr prozentual vom Einkommen, sondern - zum Teil - nach dem persönlichen Risiko berechnet werden. Sie sollen aber auch einen Solidarfaktor enthalten, eine Umlage, mit der die Beiträge jener finanziert werden, die dies aus eigener Kraft nicht oder nur zum Teil können.

Doch auch die Ausgabeseite muss reformiert werden: Um den geldverschlingenden bürokratischen Aufwand zu begrenzen, sollen Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung zusammengelegt werden. Ganz wichtig ist Graf von der Schulenburg aber auch das wirtschaftliche Verhalten der Versicherten: Derzeit ist beim Arztbesuch jede Leistung bereits bezahlt - warum sollte der Versicherte also sparsam mit den Ressourcen umgehen? Die Effizienz kann erheblich erhöht werden, wenn die Patienten an den Behandlungskosten beteiligt werden: Selbstbeteiligung bei gleicher Gesamtbelastung der Versicherten ist das Stichwort.

Effizienzsteigerung verspricht sich Graf von der Schulenburg durch mehr Wettbewerb auf allen Ebenen. Nur wenn es so viel Wettbewerb wie möglich und so wenig Regulierung wie notwendig gibt - das bedeutet weitgehende Vertragsfreiheit - kann das Verhältnis von Krankenkassen, Anbieterverbänden, einzelnen Leistungsanbietern und Produktherstellern durch Wettbewerb und Effizienz geprägt sein. Der Einsatz moderner Medien, wie eine elektronische Patientenakte, würden ebenfalls zu Effizienzsteigerungen führen, da Doppeluntersuchungen entfielen. Ergänzend zu diesen Maßnahmen wünscht sich der Gesundheitsforscher mehr Transparenz für die Versicherten, etwa in Form eines jährlichen Kontoauszugs, der alle Gesundheitsleistungen verzeichnet und  analog zu Stiftung Warentest - eine Beratungsstelle für Versicherte.

Graf von der Schulenburg wirbt für eine solide Gesundheitspolitik abseits des zurzeit üblichen Flickwerks: "Gute Politik braucht Zeit. Diese Zeit muss man sich nehmen."

zuletzt bearbeitet: 17.10.2003 nach oben

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