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Dialysebehandlung

Nephrolgiekongress 2004 in Basel: Statement Dr. Michael Nebel

Die Anzahl dialysepflichtiger, chronisch nierenkranker Patienten nimmt weltweit kontinuierlich zu. Dieser Trend ist auch in Deutschland erkennbar: sowohl Inzidenz (Anzahl der neu behandlungsbedürftigen Patienten) als auch die Prävalenz (Anzahl der Dialysepatienten pro Million Einwohner) steigen kontinuierlich an.

Entsprechend der statistischen Analyse von QuaSi Niere im Jahresbericht 2002/3 befanden sich am Jahresende 2002 55.836 Patienten im Dauerdialyseprogramm. Die meisten Patienten wurden mit Hämodialyse (Blutwäsche) behandelt, nur 4,8 % (2.604 Patienten) mit Peritonealdialyse (Bauchfelldialyse). In Deutschland ist heute die Patientenversorgung flächendeckend, wohnortnahe in 1.176 Behandlungseinrichtungen möglich. Die Prävalenz der Dialysepatienten schwankt in den einzelnen Bundesländern zwischen Hamburg 523 pmp (Dialysepatienten pro 1 Million Einwohner) und 853 pmp in Sachsen-Anhalt. 195 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren wurden Ende 2002 mit Dialyse behandelt, etwa zur Hälfte mit Hämo- und Peritonealdialyse, 611 Kinder und Jugendliche waren in Transplantationsnachsorge. Bei den Erwachsenen waren 18.996 Patienten erfolgreich mit ausreichender Funktion nierentransplantiert.

Die rechtzeitige und frühe Erkennung einer Nierenschädigung liegt in einer qualifizierten Untersuchung des Urins auf verschiedene Eiweiße ("flüssige Biopsie") und nicht in einer noch so genauen Prüfung der Nierenfunktion. Ohnehin erhöht sich der gängige Parameter der Blutentgiftung durch die Nieren (Creatinin) erst dann, wenn die Nieren fast zur Hälfte funktionslos sind und oft Jahre nach den ersten Symptomen im Urin. Andererseits wird die Nierenfunktion älterer Menschen erheblich überschätzt, oft mit fatalen Folgen bei medikamentöser Therapie. Leider ist alles dieses nicht allgemeines Wissen unter den Ärzten.

In den letzten Jahren wurde ein jährlicher Zuwachs an chronisch dialysepflichtigen Patienten zwischen 1,5 und 2,5 % beobachtet. Die dialysepflichtige Nierenerkrankung ist nicht nur ein medizinisch, sondern auch ökonomisch relevantes Problem. Die Kosten für Dialyse und Begleiterkrankungen liegen bei ca. 44.000 Euro pro Jahr und Patient bei Behandlung in einem Dialysezentrum, bei Heimdialysebehandlung deutlich niedriger: Heimhämodialyse (HHD) 34.000 Euro und Peritonealdialyse (CAPD) 40.000 Euro. Die Nierentransplantation als medizinisch optimale Behandlungsform ist mit 18.000 Euro/Jahr auch am kostengünstigsten, durch die unverändert niedrige Anzahl der Transplantationen aber nicht beliebig verfügbar.

Die Gesamtkosten für alle Nierenersatzverfahren (Dialyse und Transplantation) sind mit ca. 2,0-2,5 Milliarden Euro anzusetzen. Die Vergütung der Dialysebehandlung hat durch die Einführung der Wochenpauschale durch die Kostenträger zum 1.1.2004 (durchschnittlich 520 Euro für Dialysesachkosten) eine erhebliche Reduktion von ca. 10 % erfahren, dies gefährdet nach Ansicht vieler Nephrologen in Zukunft die notwendige Behandlungsqualität.

Die Heimdialyseverfahren (HHD und CAPD) kommen leider nur bei 5,6 % der Patienten zum Einsatz, obwohl nachgewiesen wurde, dass sie eine bessere soziale und medizinische Rehabilitation ermöglichen. Viele Patienten sind allerdings heute schwer und vielfach erkrankt und daher aus medizinischen und sozialen Gründen nicht imstande, eine Behandlung zuhause alleine und selbständig verantwortungsvoll und korrekt durchzuführen. Auch wollen viele Patienten die höhere Eigenverantwortung bei Heimdialyse nicht übernehmen.

Einen besonders starken Zuwachs hat in den letzten Jahren die Gruppe der diabetischen Nierenerkrankten erfahren, sodass in einigen Behandlungszentren der Anteil dieser Patienten bis zu 50 % beträgt. Hier sollte in Zukunft durch Optimierung der Therapie des Diabetes und des meist bei diesen Patienten auch vorliegenden Hochdrucks eine Hemmung der weiteren Erkrankungsprogression zu erreichen sein. Vielfache Untersuchungen haben nachgewiesen, dass durch frühzeitige optimale Blutdruck- und Blutzuckereinstellung der Beginn einer Dialysebehandlung teilweise mehrere Jahren hinausgeschoben werden kann.

Hierdurch wären nicht nur die psychische und körperliche Belastung des Patienten zu reduzieren, sondern auch die Finanzmittel der Kostenträger. Voraussetzung hierfür ist aber eine rechtzeitige Zuweisung des Patienten zum Internisten mit dem Schwerpunkt Nephrologie bei Beginn der Nierenerkrankung, da nur dort die ausreichende Kompetenz für die Behandlung der häufig vielfältig erkrankten Patienten zu erwarten ist. Bei erst spät in die Hand von Nephrologen übergebenen Patienten wurden im weiteren Verlauf eine höhere Rate von Behandlungskomplikationen und sogar ein frühzeitiger Tod nachgewiesen.

Technisch gesehen wird die Hämodialyse in der Regel 3mal wöchentlich über 4-5 Stunden durchgeführt, bei der Peritonealdialyse erfolgt 4mal täglich der Wechsel einer peritonealen Spüllösung; beide Verfahren können in einem Dialysezentrum oder zuhause durchgeführt werden. Trotz vielfältiger behandlungstechnischer und medizinischer Verbesserungen der seit Ende der 60er Jahre routinemäßig durchgeführten Dialyse ist die Behandlungsqualität bei einer hohen Sterblichkeitsrate (bis zu 23 % in den entwickelten Ländern) noch deutlich verbesserungswürdig, obwohl Patienten bis über 25 Jahre behandelt werden.

Die hohe Sterblichkeit findet ihre Ursache nicht in der Dialysebehandlung als solcher, sondern in den vielfältigen Begleiterkrankungen wie chronische Anämie (Blutarmut), arterielle Hypertonie (Bluthochdruck) und Störungen des Knochen- und Fettstoffwechsels. Vor allem aber Herz- und Gefäßerkrankungen aufgrund überhöhter Flüssigkeitszufuhr zwischen den Behandlungen bei nicht mehr ausreichend vorhandener Urinausscheidung sowie Phosphatüberladung des Organismus bei Nebenschilddrüsenüberfunktion mit der Folge gravierender Gefäßschäden bedingen die hohe Sterblichkeitsrate der chronischen Dialysepatienten.

Für die Zukunft wird eine intensive Zusammenarbeit zwischen Patient, Hausarzt und Nephrologen erforderlich sein, um die Behandlungsqualität der Dauerdialysebehandlung verbessern zu können.

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zuletzt bearbeitet: 30.09.2004 nach oben

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