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Schichtarbeit und Schlafmangel fördern Übergewicht und Typ-2-Diabetes

Gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus

diabetesDE warnt vor den Folgen

Berufstätige, die dauerhaft in Wechselschichten arbeiten, haben ein erhöhtes Risiko für Übergewicht, Diabetes Typ 2 und kardiovaskuläre Erkrankungen. Denn häufig sind ihre "zirkadianen Rhythmen" gestört. Jeder Organismus verfügt über eine natürliche Chronologie. Sogenannte biologische Uhren regeln seine Funktionen. Dazu gehören zum Beispiel der Schlaf-Wach-Rhythmus oder die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit. Personen, die häufig nachts arbeiten müssen, sollten sich regelmäßig einem Gesundheitscheck unterziehen, um Diabetes und anderen Erkrankungen vorzubeugen.

Daten des Statistischen Bundesamtes zufolge war 2009 jeder zwölfte berufstätige Bundesbürger im Schichtdienst tätig. In einer Vielzahl von Berufen ist Schicht- und somit auch Nachtarbeit notwendig. Dies betrifft zum Beispiel Ärzte, Produktionshelfer in der Industrie, Polizisten, Lokführer oder Feuerwehrmänner. Auch Angestellte in der Gastronomie und im Sicherheitsdienst müssen häufig nachts arbeiten. Ein ständiger Wechsel zwischen Früh-, Spät- und Nachtschichten belastet jedoch den gesamten Organismus. Die "innere Uhr" eines Organismus ist ein Gefüge aus vielen Unteruhren, das im harmonischen Gleichklang das Wohlbefinden garantiert. Biologische Uhren regeln unter anderem das Bedürfnis nach Nahrung und Schlaf. Sie beeinflussen auch Herzfrequenz, Blutdruck und Körpertemperatur.

"Geraten die inneren Uhren durch ständig wechselnde Arbeits- und Ruhezeiten aus dem Takt, können gesundheitliche Störungen auftreten", sagt Professor Dr. med. Thomas Haak, Chefarzt der Diabetes-Klinik Bad Mergentheim und Vorstandsmitglied der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG). Menschen über 40 Jahre und jene, die bereits unter Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Verdauungsstörungen leiden, fällt die Anpassung an wechselnde Schichten zudem schwerer als jüngeren gesunden Menschen.

Schichtarbeiter schlafen in Phasen der Nachtarbeit häufig zwei bis vier Stunden weniger, weil ihre Schlafqualität tagsüber wegen Licht- und Lärmbelästigung schlechter und somit weniger erholsam ist als in der Nacht. Schlafmangel führt zu Müdigkeit, die wiederum die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Studien ergaben, dass Schichtarbeiter drei- bis fünfmal häufiger an Diabetes Typ 2 erkranken als andere Arbeitnehmer. Studiendaten weisen auch auf Zusammenhänge zwischen dem metabolischen Syndrom und Störungen körpereigener Zeitrhythmen hin.

2009 fanden Ärzte der Harvard Medical School in Boston heraus, dass die Ausschüttung von Hormonen, die Stress und Hunger verursachen, unter Schichtarbeit zunimmt. "Wer im Schichtdienst tätig ist, sollte darauf achten, dass zwischen den Nacht- und Tagdienstwechseln mehrere freie Tage liegen, in denen der Körper sich wieder an den normalen Rhythmus gewöhnen kann", erklärt Professor Haak. Neben Erholungsphasen tragen auch regelmäßige Untersuchungen beim Betriebs- oder Hausarzt zur Vorbeugung möglicher Folgeerkrankungen bei.

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Eppendorf in Hamburg starteten im Juli 2011 ein auf fünf Jahre angelegtes europaweites Forschungsprojekt, mit welchem sie den Mechanismen der inneren Uhren, die an der Blutzuckerregulierung beteiligt sind, auf den Grund gehen wollen. Eine Untersuchung innerhalb des Projekts werden die Forscher an Nacht- und Schichtarbeitern durchführen, deren innere Uhr durch die Schichtarbeit beeinträchtigt ist und die daher ein höheres Risiko für die Entwicklung von Übergewicht und Diabetes aufweisen.

In einer zweiten Studie werden bislang gesunde Kinder von Eltern mit Diabetes Typ 2 untersucht. Sie haben ein Risiko von mehr als 50 Prozent, selbst Diabetes zu entwickeln. Die Fragestellung beider Untersuchungen ist zum einen, ob das Erkrankungsrisiko für Diabetes durch gezielte, tageszeitlich abgestimmte Veränderungen des Lebensstils verringert werden kann. Zum anderen wollen die Forscher herausfinden, ob und wie sich die innere Uhr möglicherweise verstellen und besser an Nachtarbeit anpassen lässt.

zuletzt bearbeitet: 07.09.2011 nach oben

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