Home > Aktuelles > Diabetes-Nachrichten > Archive > 2012 > 120123c
Diabetiker-Selbsthilfegruppe aus Sachsen ausgezeichnet
Dritter Preis des Fine Star geht an Verein Diabetiker Sachsen e.V.
Selbsthilfegruppe gewinnt den mit 2.500 Euro dotierten dritten Platz beim Fine Star 2011, dem Bayer-Preis für kreative Kinderdiabetes Projekte.
Als der Verein "Diabetiker Sachsen e.V." (ehemals Diabetikerfreunde Lausitz e.V.) im Jahr 2007 seinen ersten Informationsabend zum Thema "Kinderdiabetes" veranstaltete, wurde schnell deutlich wie stark der Bedarf nach einer Anlaufstelle in Ost-Sachsen war: Über 40 Mütter und Väter drängten sich in die kleine Geschäftsstelle Bischofswerda. Mit einem solchen Ansturm hatte niemand gerechnet. "Wir mussten uns Stühle bei den Nachbarn leihen - es war großartig und erschreckend zugleich!", erinnert sich der Vorstandsvorsitzende Ralf Oehme. Bereits kurze Zeit später setzte der Verein erste Ideen, Schulungen und Freizeitaktivitäten um, die sich speziell an den Bedürfnissen betroffener Eltern und Kinder orientierten.
Heute - knapp fünf Jahre später ? trägt das große Engagement des "Diabetiker Sachsen e.V." maßgeblich dazu bei, die Lebensqualität von diabeteskranken Kindern im sächsischen Raum zu verbessern und betroffenen Familien ein starkes Netzwerk zu bieten. Immer mehr Eltern finden nach der Diabetes-Diagnose den Weg zu den Vereins-Veranstaltungen oder suchen den telefonischen Kontakt. Verunsicherte Mütter und Väter werden von Familien aufgefangen, die bereits einen Schritt weiter sind und den ersten Schock nach der Diagnose überwunden haben. Getreu dem Motto "Gemeinsam statt einsam!" schließt der "Diabetiker Sachsen e.V." mit seinem Angebot heute einen weißen Fleck auf der Landkarte zwischen Dresden und Görlitz. Dafür werden sie nun mit dem 3. Platz des Fine Star Bayer-Preises für kreative Kinderdiabetes Projekte ausgezeichnet.
Wichtiger Netzwerkpartner für Krankenhäuser
Doch nicht nur für die 70 Mitglieder, sondern auch für die Station Kinder- und Jugendmedizin am Krankenhaus Bautzen ist der Verein zu einem unentbehrlichen Netzwerkpartner geworden. Der Kontakt zu Oberärztin Ursula Schramm ist sehr intensiv, als Medizinerin befürwortet sie vor allem die unbürokratische und schnelle Unterstützung, die ihre Patienten beim "Diabetiker Sachsen e.V." erfahren. Denn oft können sich die Klinikmitarbeiter nicht die Zeit für die vielen Fragen und Sorgen nehmen, die gerade in der Anfangszeit aufkommen.
Auch die Klinik-Diabetesberaterinnen verweisen gern auf das Angebot der Selbsthilfegruppe, denn sie schätzen die medizinische und fachliche Expertise im Verein: Ein Vorstandsmitglied ist ausgebildeter Therapeut und bietet wöchentliche Kindergymnastik- und Sportkurse an. Alle Vorsitzenden haben einen persönlichen Draht zum Diabetes, sind selbst an Diabetes erkrankt, haben Kinder oder Lebensgefährten, die betroffen sind.
Von Lama-Trekking bis Gummistiefel-Weitwurf: Kreativität für Kinder mit Diabetes
Dass dem Verein gerade die Jüngsten besonders am Herzen liegen, spiegelt sich vor allem in den monatlichen Kinder-Aktionen wider: Jeep-Fahrten, Lama-Trekking-Touren, Imker-Besuche, Spiele- oder Backnachmittage gehören zum Freizeit-Repertoire des umtriebigen Vereins. Doch auf einen Termin freuen sich die Mitglieder besonders: Das "Eltern-Kind-Diabetes-Wochenende". Im letzten Jahr reisten zehn Familien mit ihren Kindern für drei Tage auf eine Western-Ranch im Lausitzer Braunkohleabbaugebiet. Aktionen wie Reiten, Quad fahren, Gummistiefelweitwurf, Bogenschießen und Feuer schüren standen auf dem Programm. Für die Familien eine gute Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen und Zeit miteinander zu verbringen. Um auch die medizinische Versorgung zu gewährleisten, wird jede Freizeit von Kinderdiabetologen und Kinderpsychologen betreut, die rund um die Uhr als Ansprechpartner für Fragen zur Verfügung stehen.
Für viele Familien sind diese Aktionen von unschätzbarem Wert: "Wir bringen Abwechslung in den Alltag der chronisch kranken Kinder und schaffen es sie auf diese Weise zu motivieren und zu stärken. Die Eltern können sich austauschen und verlieren dadurch ihre Unsicherheit und Angst vor bestimmten Situationen", erklärt Ralf Oehme. "Bei einer Wochenendfreizeit des Diabetiker Sachsen e.V habe ich zum ersten Mal erlebt, dass ich mit dem Diabetes nicht alleine bin. Der Austausch mit anderen Betroffenen hat mir sehr geholfen", sagt die 14-jährige Theresa Michel, die seit 2011 die Fine Star-Jury unterstützt.
Eltern können Sorgen loslassen und sich Wissen aneignen
Neben kindgerechten Freizeitaktionen steht im Verein die Vermittlung von Wissen im Vordergrund: In regelmäßigen Abständen werden themenrelevante Infoabende oder Workshops veranstaltet. Dabei geht es nicht nur um das Management des Diabetes, die neuesten Geräte, Therapieansätze und Ernährungsfragen, sondern auch um Alltags-Probleme: Welche Erfahrungen haben andere mit Insulinpumpen gemacht? Was sollte bei der Diabetestherapie in der Schule beachtet werden? Wie geht man mit der anstehenden Klassenfahrt um? Um allen Fragen gerecht zu werden, organisiert die Selbsthilfegruppe zusätzlich Experten, Ärzte und Therapeuten, die den Gesprächsrunden beiwohnen oder ehrenamtlich Schulungen halten. Ständig sind die Mitglieder des Vereins auf der Suche nach Neuigkeiten rund um den Diabetes, kontaktieren Fachleute und suchen Sponsoren für einzelne Events.
Aufmerksamkeit und Aufklärung in Sachen Diabetes
Doch der Verein will mehr als nur "unterstützen": Ein großes Ziel ist es, die Öffentlichkeit für das Thema "Kinderdiabetes" zu sensibilisieren. Mit auffälligen und einfallsreichen Aktionen will die Selbsthilfegruppe zeigen, dass Kinder mit Diabetes nicht ausgeschlossen, nicht diskriminiert werden dürfen. Wenn zum Beispiel im Sommer das längste selbstgemalte Bild Sachsens ausgerollt wird, hat der "Diabetiker Sachsen e.V." sein Ziel erneut erreicht: ein wenig mehr Aufmerksamkeit schaffen für Kinder mit Diabetes - auch an Schulen, Kindergärten und bei den Vereinen in Ost-Sachsen.
Ständig sind sie in Kontakt mit Lehrern, Vorsitzenden und Ärzten, um durch sachliche Aufklärung einer möglichen Diskriminierung oder Ausgrenzung entgegenzuwirken. Und das Engagement für diabeteskranke Kinder geht weiter: Zurzeit arbeitet die Selbsthilfegruppe intensiv daran, Aktionen speziell für Jugendliche zu initiieren. Die 2.500 Euro Preisgeld für den dritten Platz beim Fine Star sollen helfen, Projekte für betroffene Teenager zwischen Dresden und Görlitz in Angriff zu nehmen. Und eines steht fest: Was einer alleine nicht schafft, das schaffen sie im Verein gemeinsam.