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OECD warnt vor Diabetes-Kostenlawine
European Diabetes Leadership Forum (EDLF) fordert umfassende Programme gegen Diabetes
Verstärkte Anstrengungen im Kampf gegen Diabetes haben Vertreter der Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) bei einem hochkarätig besetzten Expertenforum in Kopenhagen gefordert. Die ökonomische Belastung der Gesundheitssysteme durch die stetig steigende Patientenzahl sei bereits jetzt enorm hoch. Sie werde ohne umfassende Strategien zur Prävention sowie zur konsequenteren Früherkennung und Behandlung der Erkrankung weiter ansteigen und das Wirtschaftswachstum in Europa zunehmend gefährden, so hieß es beim EDLF am 25. und 26. April 2012 in Kopenhagen.
Wie hoch die Belastung derzeit schon ist, verdeutlichen aktuelle Zahlen: Mehr als 35 Millionen Menschen in Europa sind an Diabetes mellitus erkrankt. Die Erkrankung sowie die durch sie bedingten Komplikationen verursachen hier Kosten in Höhe von rund 90 Milliarden Euro jährlich, berichtete der stellvertretende OECD-Generalsekretär Yves Leterme.
Droht ein ökonomisches Desaster?
Die Krankheitszahlen steigen beständig und es wird geschätzt, dass im Jahr 2030 bereits 43 Millionen Europäer an der chronischen Stoffwechselstörung erkrankt sein werden, wenn sich die derzeitige Entwicklung unverändert fortsetzt. Die Belastung der Gesundheitssysteme und die Konsequenzen für das Wirtschaftswachstum werden enorm sein und sind konkret kaum absehbar, hieß es bei der von Novo Nordisk unterstützten Tagung.
"Diabetes ist keineswegs nur ein persönliches Schicksal", erklärte Leterme. "Wenn wir nicht rechtzeitig einen geeigneten Weg finden, das Problem in den Griff zu bekommen, droht eine ökonomische Katastrophe", prognostizierte er beim EDLF-Forum vor rund 800 Politikern, Diabetes-Experten und Delegierten der EU-Länder, darunter auch die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt sowie der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan. Sie waren einer Einladung der Dänischen Diabetes Vereinigung und der OECD gefolgt, um die gesellschaftlichen und ökonomischen Auswirkungen des Diabetes mellitus sowie mögliche Strategien im Kampf gegen die weitere Ausbreitung der Erkrankung zu diskutieren.
Diabeteshäufigkeit: Deutschland gehört zu den Spitzenreitern
Überdurchschnittlich hoch ist die Diabetesrate in Deutschland, wo derzeit einer von elf Einwohnern an einem Diabetes mellitus erkrankt ist. Die Konsequenzen für die Betroffenen und ihre Familien sind zahlreich und reichen von der allgemein eingeschränkten gesundheitlichen Situation über mögliche zusätzliche Krankheitskomplikationen bis hin zu einer eingeschränkten Arbeitsfähigkeit, verminderten Beschäftigungsmöglichkeiten und damit auch erheblichen wirtschaftlichen Einbußen.
Konzertierter Fahrplan gegen Diabetes
Die aktuellen Zahlen verdeutlichen, dass es höchste Zeit ist für effektive Strategien im Kampf gegen die Diabetes-Lawine. Von den Teilnehmern des EDLF wurde daher die "Copenhagen Roadmap" erarbeitet, ein konzertierter Fahrplan für politische und medizinische Prioritäten und konkrete Initiativen. Von zentraler Bedeutung dabei ist die Prävention, was laut Leterme in erster Linie eine Prävention der Fettleibigkeit bedeuten muss. "Adipositas ist der wichtigste Risikofaktor für die Diabetesentwicklung", betonte der stellvertretende OECD-Generalsekretär. So steige das Risiko für Typ-2-Diabetes bei übergewichtigen Menschen um das 8-fache und bei schwerer Adipositas sogar um das 60-fache. Bereits jetzt aber sei jeder Zweite in mehr als 50 Prozent der 34 OECD-Mitgliedsstaaten übergewichtig.
Das Problem wird sich, so hieß es in Kopenhagen, nur durch umfassende Programme zur allgemeinen Gesundheitsförderung in den Griff bekommen lassen. Dazu müssen alle Anstrengungen unternommen werden, einen gesunden Lebensstil zu fördern, zum Beispiel durch die Regulierung von Lebensmittelwerbung und das Schaffen geeigneter Rahmenbedingungen wie etwa Freiflächen für sportliche Betätigung.
In der "Copenhagen Roadmap" wird ferner gefordert, die Bemühungen um die Diabetes-Früherkennung zu forcieren, beispielsweise durch die Entwicklung und die weite Verbreitung von Risiko-Fragebögen in puncto Diabetes sowie kardiovaskulärer Erkrankungen.
Diabetes-Behandlung und -Kontrolle verbessern
Darüber hinaus soll die Behandlung und insgesamt die Diabetes-Kontrolle intensiviert werden, da so das Risiko von Folge- und Begleiterkrankungen des Diabetes minimiert werden kann. Denn Patienten mit guter Krankheitskontrolle leben länger und besser und verzögern Folgeerkrankungen und Komorbiditäten so lange wie möglich, heißt es in der Erklärung weiter. Die Behandlung soll dabei den individuellen Bedürfnissen der Patienten Rechnung tragen, evidenzbasiert sein und den Leitlinien entsprechen.
Es sind hierzu nationale Ziele zur Behandlungsqualität festzulegen und zu überprüfen, zum Beispiel durch die Implementierung eines Monitoring-Systems sowie nationaler Studien und Register. Dabei sollen Instrumente und Strategien, die sich als kosteneffektiv erwiesen haben, einbezogen werden wie etwa Telemedizin, E-Health sowie individuelle Unterstützungsmodelle, die das Self-Management fördern.
"Das EDLF-Forum hat gezeigt, dass der Diabetes mellitus eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung darstellt", fasste Camilla Sylvest, Geschäftsführerin von Novo Nordisk Deutschland, die Ergebnisse zusammen. Die vorherrschenden Probleme ließen sich nur durch die enge Kooperation aller beteiligten Organisationen und Institutionen in den Griff bekommen: "Wir brauchen Partnerschaften, die das gleiche Ziel verfolgen. Aus unserer Sicht wird nur eine gemeinsame, nationale Diabetes-Strategie langfristig zu einer effektiven Besserung von Prävention, Früherkennung und Diabetes-Behandlung und damit zu einer nachhaltigen Reduktion der Krankheitslast bei den Betroffenen wie auch der Gesellschaft führen."
Mehr Informationen zum European Diabetes Leadership Forum unter http://www.diabetesleadershipforum.eu.