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Bei Diabetes-Risiko: Nicht abwarten, sondern handeln!
Typ-2-Diabetiker werden oft viel zu spät erkannt
Immer mehr Menschen erkranken an Diabetes mellitus Typ 2. Über 8 Mio. Betroffene sind es bereits. Laut RKI (Robert-Koch-Institut) liegt die registrierte Anzahl der bislang diagnostizierten erwachsenen Patienten nur bei 7 Prozent in der Bevölkerung. Nach IDF (International Diabetes Federation) ist aber von 12 Prozent Diabetikern in Deutschland auszugehen. Die Dunkelziffer, das wissen Experten, liegt noch weitaus höher. Denn die Erkrankung mit nachlassender Insulinsekretion entwickelt sich meist schleichend. Sie kündigt sich selten über Symptome an und wird deshalb spät entdeckt.
Die Diabetes-Prävalenz ist gestiegen, in Deutschland und weltweit. Mediziner sprechen auch von einer drohenden Epidemie, wenn die zunehmende Fettleibigkeit (Adipositas) nicht in den Griff bekommen wird. Übergewicht gilt in der Mehrzahl aller Fälle als zentraler Auslöser des Stoffwechselproblems. Von vielen Seiten wird inzwischen ein nationaler Diabetesplan gefordert. Dieser existiert in 14 anderen europäischen Ländern schon. Die Finnen und die Dänen sind mit ihren Bemühungen erfolgreich. Bei uns sehen Politiker solche Initiativen eher verhalten.
Hierzulande wird überlegt und diskutiert. Zwar erkennt man, dass Diabetes ein wachsendes Problem in der Gesellschaft ist. Aber Gesundheitsprobleme gibt es in Deutschland einige, auch Krebs, Herz-, Kreislauferkrankungen und Rheuma gehören dazu. Wo also mit der Prävention anfangen, das ist Gegenstand der Diskussion. Die Experten wissen, bis ein Umdenken stattfindet und sich in diesem Feld etwas bewegt, ist es ein mühsamer Prozess. Auch wenn Präventionsmaßnahmen hinlänglich bekannt sind.
Ob sich künftig ein nationaler Diabetesplan oder eine Gesamtstrategie zur Vorbeugung der zivilisationsbedingten Krankheiten durchsetzen wird, bleibt fraglich. Unstrittig ist, dass Primärprävention eine große Bedeutung hat. Je früher damit begonnen wird, desto besser. Der Ausbruch von Diabetes und Adipositas könnte verhindert oder zumindest hinausgezögert werden. Ansätze dazu gibt es, allerdings sind die Konzepte zur Steigerung von Bewegungsintensität und gesunder Ernährung wenig flächendeckend eingeführt. Sie sind auch nicht zugänglich für jeden, vor allem oft für diejenigen nicht, die es am dringendsten brauchen.
Zweifellos muss eine Gesellschaft mit Verantwortung für Menschen versuchen, Rahmenbedingungen für ein gesünderes Leben zu schaffen. Gefordert ist aber auch jeder Einzelne. Spätestens dann, wenn das Risiko für Diabetes bekannt ist, sollte nicht gezögert, sondern gehandelt werden. Menschen, bei denen Verwandte in der Familienvorgeschichte Diabetes haben oder hatten, sind besonders gefährdet. Das Risiko steigt mit Übergewicht, Fettstoffwechselstörung, Bluthochdruck und hohem Bauchumfang. Instrumente wie der FindRisk-Fragebogen der DDS (Deutsche Diabetes-Stiftung) oder der Deutsche Diabetes-Risiko-Test vom DIFE (Deutsches Institut für Ernährungsforschung) ermöglichen die erste Eingrenzung der Gefährdung für Erwachsene.
Liegt man hier im roten Bereich, sollte zeitnah die Diagnose über den Arzt abgeklärt werden. Mit dem oralen Glukose-Toleranz-Test (kurz oGTT) wird der Anstieg der Blutglukose nüchtern und nach Zuckerbelastung gemessen. Der oGTT dient als diagnostisches Kriterium. Auch der sogenannte HbA1c-Wert (HbA1c: glykiertes Hämoglobin) als Langzeitwert kann Auskunft darüber geben, wie der Blutzuckerspiegel in den letzten 10 Wochen war. Allerdings ist der HbA1c-Wert nur ein Durchschnittswert, weshalb er nicht allein ausreicht, um die Krankheitsdiagnose sicher zu bestätigen.
Für den Arztbesuch ist wichtig, dass Patienten ihre Vermutung zum Risikokreis für Diabetes zu gehören auch erwähnen. Ganz unabhängig davon, ob man im Vorfeld an einem Risiko-Screening für die Erkrankung teilgenommen hat. Trotz Anamnese und Blutuntersuchungen, die heute in der medizinischen Routine durchgeführt werden, kann nicht vorausgesetzt werden, dass jeder Arzt einen Blick auf Diabetes hat. Sonst gäbe es wohl kaum so viele Krankheitsfälle, die bislang nicht diagnostiziert sind. Darunter sind auch etliche, die bereits behandlungsbedürftig sind. Was meist vergessen wird: Der Betroffene mit Störungen im Zuckerstoffwechsel ist der Herz- und Gefäßpatient von Morgen. Und wenn der Betroffene Pech hat, erfährt er erst von seiner Diagnose, wenn sich bereits Gefäßprobleme an Herz, Hirn, Augen, Nieren und in den Beinen manifestiert haben. Bei Diabetes gilt also die Devise: Nicht abwarten bis man auf sein Risiko aufmerksam gemacht wird - sondern handeln wenn man krankheitsbegünstigende Faktoren vorzuweisen hat!
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