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Weniger Typ-2-Diabetes durch fleischlose bis vegane Kost
Konferenz zu vegetarischer Ernährung und Medizin
Solide Evidenz, zu wenig Wissen bei den Ärzten
Auf der ersten Fachkonferenz für vegetarische Ernährung in der Gesundheitsversorgung haben Mediziner und Ernährungswissenschaftler die Datenlage zusammengetragen. Fazit: Vegetarier haben seltener Übergewicht, ein geringeres Diabetes-Risiko und sterben nicht so oft an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Nur beim Patienten kommen diese Erkenntnisse kaum an.
Die Fakten zum schädlichen Einfluss von übermäßigem Fleischverzehr sind bekannt: Unabhängig von anderen Risikofaktoren wie Übergewicht, Rauchen, Bewegungsmangel oder Stress, steigt z.B. das Risiko an Diabetes Typ 2 zu erkranken, um bis zu 50 Prozent. "Fleischkonsum ist ein unabhängiger Risikofaktor", sagt Dr. Markus Keller vom Institut für alternative und nachhaltige Ernährung. Die Daten zeigen allerdings auch, dass der Verzehr von unbehandeltem Fleisch einmal pro Woche aus medizinischer Sicht unbedenklich ist.
"Eine vollwertige vegetarische Ernährung mit einem hohen Anteil an pflanzlicher Kost ist aus ernährungswissenschaftlich-medizinischer Sicht empfehlenswert", so Professor Leitzmann, ehemaliger Leiter des Gießener Instituts für Ernährungswissenschaften. Auch eine rein pflanzliche (vegane) Ernährung ist bedarfsgerecht und gesundheitlich sinnvoll, solange die Kost vielfältig und qualitativ hochwertig ist, und auf eine ausreichende Vitamin-B12-Zufuhr geachtet wird.
Wie sage ich es meinem Patienten?
Von der Ärzteschaft werden die Vorzüge einer überwiegend pflanzlichen Ernährung bislang allerdings kaum wahrgenommen, so das einhellige Credo des Plenums. Prof. Andreas Michalsen von der Berliner Charité sagt hierzu: "Dass der Fleischverzehr gesundheitlich bedenklich ist, wissen wir inzwischen aus den großen epidemiologischen Studien. Die Frage derzeit lautet eher: Wie protektiv ist welche Form der vegetarischen Ernährung und was bedeutet dies für die Praxis?"
Insbesondere für Ärzte sei es einfacher, ihren Patienten eine positive Verhaltensänderung nahe zu bringen, als Verbote auszusprechen. Einen Patienten vom Fleischverzicht zu überzeugen, sei weniger ein Problem der Argumente oder der Evidenz, vielmehr ein Problem der Kultur, so die Meinung.
Ein strukturelles Defizit ist die mangelnde Vernetzung der Ärzte mit Ernährungsberatern oder Diätassistenten. Viel zu selten verweisen die Mediziner ihre Patienten zur Ernährungsberatung an die entsprechenden Fachleute, obwohl ausreichend geschultes Personal vorhanden ist und die Kassen diese Leistungen übernehmen.
Prof. Andreas Michalsen resümiert: "Die Evidenz ist da, leider kommt davon sehr wenig in der Praxis an. Vegetarische Ernährungsformen sind bisher nicht im Fokus der Ärzte."
Konferenz frühzeitig ausgebucht, 250 Teilnehmer
Mit 250 Teilnehmern, die meisten davon Ärzte, zeigten sich die Veranstalter hochzufrieden. Die Konferenz war schon Wochen vorher ausgebucht, die Resonanzen aus dem Publikum sehr positiv. Frederik Betsch von der Carstens-Stiftung sagt: "Die interessierten Nachfragen zeigen uns, dass Bereiche der Medizin wie die vegetarische Ernährung, die sonst eher am Rand stehen, bei den Ärzten auf Interesse stoßen. Wir werden die Veranstaltung im nächsten Jahr wiederholen."
Die "VegMed" wurde von der Charité-Universitätsmedizin, der Hochschulambulanz für Naturheilkunde am Immanuel-Krankenhaus, dem Vegetarierbund Deutschland und der Carstens-Stiftung organisiert und richtete sich an Ärzte, Diätassistenten, Gesundheitsberater und Ernährungswissenschaftler. Auf der Tagung wurden neueste Forschungsergebnisse präsentiert, vegetarische Kostformen vorgestellt und Perspektiven pflanzlicher Ernährung in der Medizin thematisiert. Zur Konferenz-Website.