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Bessere Versorgungslösungen für Migranten mit Diabetes
Internationaler Tag der Migranten am 18. Dezember 2012
Fast ein Fünftel aller in Deutschland lebenden Menschen haben einen Migrationshintergrund. Laut Schätzungen leiden etwa 600.000 von ihnen an Diabetes mellitus. Experten vermuten, dass die Dunkelziffer noch höher ist. Denn aufgrund von kulturellen, sprachlichen und Bildungsbarrieren lässt sich die tatsächliche gesundheitliche Lage von Menschen mit Migrationshintergrund nur schwer erfassen. Anlässlich des Internationalen Tages der Migranten am 18. Dezember 2012 fordert diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe den Ausbau geeigneter Schulungs- und Behandlungskonzepte für Betroffene mit Diabetes.
Der gleichberechtigte Zugang zur gesundheitlichen Versorgung ist ein Grundrecht für alle Bürger in Deutschland und sollte auch für alle Menschen mit Migrationshintergrund unabhängig von ihrer Nationalität, ihrer Herkunft oder ihrer Religionszugehörigkeit selbstverständlich sein. "Die Behandlungsangebote für Diabetes sind jedoch nicht ausreichend auf die Bedürfnisse von Migranten mit Diabetes zugeschnitten", kritisiert Dr. med. Batuhan Parmakerli, Facharzt für Allgemeinmedizin und Vorsitzender der AG "Diabetes und Migranten" der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). "Das liegt an einem mangelnden Austausch mit dieser Bevölkerungsgruppe und der damit für eine erfolgreiche Prävention und Therapie wichtige Einblick in deren Lebenswandel." Verlässliche Schätzungen zum Versorgungsstand von Menschen mit Diabetes und Migrationshintergrund in Deutschland fehlen somit nach wie vor, so der Experte.
Nicht nur sprachliche Hürden erschweren die Versorgung dieser Patienten, auch das unterschiedliche Bildungsniveau sei ein großes Problem: Einige Betroffene sind Analphabeten und können sich über ihre Erkrankung nicht ausreichend informieren. Dadurch bleiben viele Migranten aus Angst vor der Sprachbarriere den Schulungen ganz fern. Außerdem haben sie häufig keine Kenntnisse darüber, wie sie eine flexible Insulintherapie und die notwendigen Stoffwechselselbstkontrollen sowie deren Dokumentation durchführen können. Dies erschwert das Diabetes-Selbstmanagement erheblich und erhöht das Risiko von Folgeerkrankungen.
Auch das neue Patientenrechtegesetz löse dieses Problem nicht, kritisiert Parmakerli. Das Gesetz sehe vor, dass der Patient den Dolmetscher, sofern einer benötigt wird, selbst bezahlen müsse. Das wiederum gereiche zum Nachteil derer, die sich dies nicht leisten können. Meist seien es jedoch gerade diejenigen, die eine sprachliche Unterstützung am nötigsten haben.
Die größte Gruppe von Menschen mit Migrationshintergrund und Diabetes in Deutschland stellen türkischstämmige Mitbürger dar. Von ihnen sind etwa 280.000 an Diabetes erkrankt. Daher hat die DDG gemeinsam mit dem VDBD und diabetesDE den "Gesundheitspass Diabetes" in deutsch-türkischer Sprache herausgegeben. Der Pass entstand in Zusammenarbeit mit der Türkischen Diabetes-Stiftung und Frau Professor Sehnaz Karadeniz.
Er trägt dazu bei, dass Migranten Unterweisungen und Schulungen einfacher folgen können. Und er vereinfacht die Kommunikation zwischen türkisch sprechenden Betroffenen und ihrem therapeutischen Team. diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe bietet außerdem im Internet kostenlos den Diabetes-Dolmetscher an. Er bietet die wichtigsten Begriffe rund um Diabetes in acht verschiedenen Sprachen: Englisch, Türkisch, Italienisch, Französisch, Spanisch, Niederländisch, Polnisch und Portugiesisch mit jeweils deutscher Übersetzung.
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