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Psychosoziale Versorgung von Menschen mit Diabetes ist verbesserungswürdig

Abstract zum Vortrag von Privatdozent Dr. phil. Dipl.-Psych. Bernhard Kulzer im Rahmen der Pressekonferenz "Psychosoziales und Diabetes" der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) am 18. Juni 2013 in Berlin.

Deutsche Diabetes Gesellschaft fordert bessere psychosoziale Versorgungsangebote

Privatdozent Dr. phil. Dipl.-Psych. Bernhard Kulzer Psychische Störungen haben bei Menschen mit Diabetes zumeist unmittelbare negative Auswirkungen auf die Therapie und langfristige Prognose des Diabetes. Dies ist das Ergebnis der neuen und weltweit einzigen Leitlinie "Psychosoziales und Diabetes". Daher fordert die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) bessere Versorgungsbedingungen für Menschen mit Diabetes und psychosozialen Problemen und/oder psychischen Störungen.

Bei der Diabetestherapie kommt dem Patienten eine ganz entscheidende Rolle zu, da dieser die wesentlichen Therapiemaßnahmen des Diabetes dauerhaft und eigenverantwortlich umsetzen muss. Die Prognose des Diabetes hängt daher zu einem großen Teil davon ab, inwieweit dies den Betroffenen in ihrem persönlichen Alltag gut gelingt. Ein hohes Ausmaß an psychosozialen Belastungen sowie psychischen Erkrankungen erschwert Menschen mit Diabetes die Umsetzung der Therapie.

Besonders psychische Erkrankungen führen bei Menschen mit Diabetes zu einer schlechteren Blutzuckereinstellung und einer deutlich schlechteren Prognose der Erkrankung. Um diese Patienten müssen wir uns daher mehr als bisher intensiv kümmern.

Tatsächlich sind die Bedingungen für die psychosoziale Betreuung und Behandlung von Menschen mit Diabetes und emotionalen Problemen im Zusammenhang mit der Erkrankung oder psychischen Erkrankung leider noch nicht optimal. Bei den meisten Kostenträgern fehlt die Erkenntnis, dass der Diabetes für viele Betroffene auch eine psychische Belastung darstellt, die genauso ernst zu nehmen ist, wie die Einstellung der Blutzuckerwerte oder die Behandlung von Folgekomplikationen des Diabetes.

Hierfür mangelt es jedoch in der Diabetestherapie zumeist an den notwenigen psychosozialen Ressourcen. Im Gegensatz zu anderen chronischen Erkrankungen gibt es in der stationären wie ambulanten Therapie von erwachsenen Menschen mit Diabetes keine adäquaten Abrechnungsziffern für psychosoziale Leistungen, die es erlauben würden, psychosoziale Fachkräfte in die Behandlung der Zuckerkrankheit zu integrieren. Ebenfalls im Gegensatz zu anderen chronischen Erkrankungen gibt es in Deutschland keine "Diabetes-Beratungsstellen", bei denen Betroffene fachkundige Unterstützung bei psychosozialen Problemen im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung bekommen könnten. Nach den neusten Erkenntnissen der Leitlinie "Psychosoziales und Diabetes" müssen wir uns schon fragen, warum wir trotz einer guten Datenlage über die psychosozialen Probleme wie auch über die Effektivität therapeutischer Interventionen in der Versorgung so wenige psychosoziale Angebote für Menschen mit Diabetes haben. Da gibt es noch einen großen Nachbesserungsbedarf.

Eine bessere psychosoziale Betreuung von Menschen mit Diabetes stellt für die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) daher ein wichtiges Ziel dar. Einen Anfang hat die Fachgesellschaft schon gemacht. Seit 2003 bildet sie Psychologen und psychologische Psychotherapeuten zu "Fachpsychologen DDG? aus. 155 Kollegen/innen haben diese Zusatzausbildung mittlerweile absolviert, die sie besonders zur Beratung und Therapie von Menschen mit Diabetes und psychosozialen Problemen wie auch psychischen Störungen qualifiziert. In Kooperation mit der Psychotherapeutenkammer Rheinland Pfalz gibt es zudem eine Weiterbildung von psychologischen Psychotherapeuten zu "Psychodiabetologen". Das sind gute Ansätze, die aber in der Praxis daran scheitern, dass es bislang keine Vergütungsstrukturen für ambulante wie stationäre Angebote für diese besonders qualifizierten Kollegen gibt.

Einig sind sich die Autoren der Leitlinie auch darin, dass psychosoziale Belastungen in der Therapie des Diabetes deutlich mehr Beachtung finden sollten. Hierzu gibt es evidenzbasierte Schulungs- und Behandlungskonzepte, die auf die Reduktion psychosozialer Belastungen abzielen und zu einem gewissen Ausmaß auch eine Prävention für das Auftreten klinisch manifester psychischer Erkrankungen darstellen. Empfohlen wird auch, dass die Psychotherapie von Menschen mit Diabetes nach Möglichkeit von Therapeuten durchgeführt werden sollte, die das Krankheitsbild des Diabetes und dessen Therapieanforderungen gut kennen und besondere Erfahrung in der Behandlung von Menschen mit Diabetes haben.

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Quellen

S2-Leitlinie Psychosoziales und Diabetes - Langfassung 2013
- 1. Teil in: Diabetologie 2013, Ausgabe 3, dx.doi.org/10.1055/s-0033-1335785
- 2. Teil in Diabetologie 2013; Ausgabe 4 (ET: August), 10.1055/s-0033-1335889
- Im Internet: http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/leitlinien/evidenzbasierte-leitlinien.html

Bildunterschrift: Privatdozent Dr. phil. Dipl.-Psych. Bernhard Kulzer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Psychologie der DDG; Diabetes-Zentrum Bad Mergentheim; Koordinator der Leitlinie "Psychosoziales und Diabetes"
Bildquelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)

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zuletzt bearbeitet: 18.06.2013 nach oben

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