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Ist Übergewicht bei älteren Menschen mit Diabetes sogar ein Vorteil?

Im Alter ist vieles anders

Aktuelle Studien vorgestellt und kommentiert von Prof. Helmut Schatz

Eine neue Studie, vorgetragen beim Europäischen Diabeteskongress in Barcelona, 23. bis 27. September 2013 ergab, dass - entgegen den Erwartungen ältere, dicke Diabetespatienten eine geringere Mortalität aufweisen als jüngere.

Von 1995-2011 wurden in einem britischen Gesundheitsdienst Daten von etwa 12.000 Diabetespatienten gesammelt. Die Patienten wurden im Mittel 10 Jahre lang verfolgt. Das Risiko für ein Akutes Koronarsyndrom/einen Herzinfarkt war bei normalem BMI am geringsten und stieg - ebenso wie das Herzinsuffizienzrisiko - mit dem BMI an. Paradoxerweise war aber die Gesamtmortalität invers zum BMI korreliert. Sie lag bei einem BMI >30 um 25 % niedriger als bei einem BMI <26.

Aufgeteilt in Altersgruppen zeigten die kardiovaskulären Ereignisse die gleiche Verteilung wie in der Allgemeinbevölkerung. Bei der Gesamtmortalität hingegen war ein hoher BMI mit einem Überlebensvorteil in der höchsten Alters-Tertile assoziiert. In der jüngsten Tertile fand sich eine u-förmige Assoziation, mit einem erhöhten Sterberisiko in der höchsten und niedrigsten Gewichts-Quartile. Für die ältesten Patienten ab 67 Jahre war das Sterberisiko bei einem BMI von 26-29 um 18 % niedriger als bei BMI <26, bei einem BMI von 29-32 um 25 % und ab BMI von 32 von 18 %. Auch bei Ausschluss der 15 % Typ-1-Diabetiker des Gesamtkollektivs änderten sich diese Relationen nicht.

Kommentar

Dr. P. Constanzo von den Universitäten Hull und York, UK vermutet, dass ein Diabetes durch den "metabolischen Stress" der Obesitas eine grundsätzlich andere Krankheitsform sei als ohne diese Stoffwechselbelastung. Es wäre auch möglich, dass bei Obesitas im fortgeschrittenen Lebensalter protektive Stoffwechselmechanismen zum Tragen kommen. Jetzt sollen Informationen über die Todesursachen eingeholt werden, um dem Phänomen einer erniedrigten Sterberate älterer, dicker Diabetepatienten nachzugehen.

Die britische Studie zeigt die Problematik aller dieser Assoziationsstudien durch Analyse von Datenbanken auf. Diese sind heute en vogue. Sie sind nach einer Sammelperiode von Daten relativ einfach über Statistikprogramme zu erstellen. Zwangsläufig müssen sie aber an der Oberfläche verbleiben und können nicht in die Tiefe gehen, da wichtigen Daten meist nicht vorliegen. Sie sind somit als "hypothesegenerierend" anzusehen, die in weiteren, eingehenderen Untersuchungen überprüft werden müssen. Die "Gesundheitskarte" mit einer Speicherung aller gesundheits- und krankheitsrelevanten Daten würde hier hilfreich sein. Die Problematik des dann "Gläsernen Patienten" und auch "Gläsernen Arztes" wurde und wird in seiner ganzen Breite seit langem diskutiert. Ein Blogbeitrag der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie beschäftigt sich mit dieser komplexen Thematik.

Literatur

zuletzt bearbeitet: 03.10.2013 nach oben

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