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Nach dem Tumor kam der Diabetes

Typ-3-Diabetikerin wurde dennoch Mutter

Stefanie K. mit ihren Kindern Diabetes hat viele Gesichter. In der Allgemeinbevölkerung weitgehend unbekannt sind Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, die unter der Bezeichnung "Typ-3-Diabetes" zusammengefasst werden. An dieser seltenen Diabetesform ist Stefanie K. nach Entfernung eines Tumors erkrankt. Trotzdem wurde die Teisendorferin nach der Diabetes-Diagnose noch einmal schwanger. Während der Schwangerschaft nahm sie an einer Diabetesstudie teil.

Es grenzt an ein Wunder, dass Stefanie K. heute eine glückliche Mutter von zwei gesunden Söhnen ist. Ihre Leidensgeschichte begann mit 16 - die Diagnose kam damals für die Schülerin aus heiterem Himmel: Was sich zunächst wie eine Magen-Darm-Grippe äußerte, entpuppte sich als Krebs. Doch der Teenager hatte Glück im Unglück: Der bösartige Tumor am Bauchspeicheldrüsenkopf war verkapselt und hatte noch keine Metastasen gebildet - ihr blieb also eine reale Überlebenschance. Auf eine Strahlentherapie konnte verzichtet werden. In einer anspruchsvollen Whipple-Operation wurden ihr nicht nur der Bauchspeicheldrüsenkopf, sondern auch Gallenblase und -gang, ein Teil des Magens sowie der Zwölffingerdarm entfernt. "Zu der Operation hat mir der Arzt anfangs nur geraten, weil der Tumor auf den Magen drückte und ich nichts mehr bei mir behalten konnte", erzählt Stefanie. "Erst während der OP wurde im Schnellschnitt entdeckt, dass es ein bösartiger Tumor war."

Nach dem mehrstündigen Eingriff, bei dem acht Operateure acht Stunden lang im Einsatz waren, konnte Stefanie erstaunlich schnell wieder ihr gewohntes Leben aufnehmen. Nur anfangs durfte sie keinen Sport treiben und musste besonders auf ihre Ernährung achten, auf Fetthaltiges, Hülsenfrüchte und Kohlgemüse o. ä. verzichten. "Am schwersten ist mir der Verzicht auf Schokolade gefallen, vier Wochen lang, und dass es keine Bratwurstsemmel geben durfte", bekennt sie. "Wenn ich nicht so eine tolle Familie hätte, wär's nicht so leicht gegangen. Meine Oma ist im Zug mit der Pfannkuchensuppe zu mir ins Krankenhaus gefahren. Sie und meine Mama haben sich abgewechselt, so dass während der ganzen Kur jemand bei mir war."

Als Spätfolge ein Diabetes Typ 3

Elf Jahre lang lebte Stefanie symptomfrei, bis sie doch noch an Diabetes Typ 3 erkrankte. Unter diese Bezeichnung fallen seltene Diabetesformen, die auf einem Gendefekt, einer Entzündung, Infektion, Verletzung oder operativen Entfernung der Bauchspeicheldrüse basieren. Zu Typ-3-Diabetes zählen außerdem Störungen der Insulinsekretion, die auf den Kontakt mit einem Suchtmittel beziehungsweise mit Chemikalien oder auf hormonelle Störungen der Hormondrüsen zurückzuführen sind.

Wie bei allen anderen Formen der Zuckerkrankheit äußert sich dies durch chronisch erhöhte Blutzuckerwerte. Daher muss Stefanie regelmäßig Insulin spritzen. Die verbliebenen Inselzellen der Bauchspeicheldrüse produzieren bei ihr zwar noch etwas Insulin, doch es gab trotzdem anfangs Schwierigkeiten bei der Einstellung der Blutzuckerwerte. "Nach der Operation eines Bauchspeicheldrüsen-Tumors ist die Zahl der insulinbildenden Zellen vermindert", erklärt Prof. Anette-Gabriele Ziegler. Die Direktorin des Instituts für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum München, hat den Lehrstuhl für Diabetes und Gestationsdiabetes der TU München inne und betreut Patienten in der Diabetesambulanz im Klinikum rechts der Isar. "Gleichzeitig wird Gewebe entnommen, das für die Bildung des Gegenhormons Glukagon verantwortlich ist. Das beeinträchtigt die Fähigkeit zur Gegenregulation bei niedrigem Blutzucker, und daher ist für Patienten wie Frau K. die Gefahr einer Hypoglykämie (Unterzucker) besonders groß", so Ziegler weiter.

Schwangerschaft trotz Pankreas-Krebs und Diabetes

Mittlerweile hat Stefanie ihre Blutzuckerwerte im Griff. Erfreulich verliefen bislang auch die halbjährlichen Blutuntersuchungen und jährlichen Kernspinuntersuchungen: Der Krebs ist nicht mehr zurückgekehrt. Daher waren die Voraussetzungen für eine Schwangerschaft für sie gut. Sie wünschte sich nach ihrem Sohn Yannik noch ein zweites Kind. "Ich hatte gerade angefangen, darüber nachzudenken, und dann war ich schon schwanger", erinnert sie sich. "Daher hatte ich nicht viel Gelegenheit, mir Sorgen zu machen - und es gab während der Schwangerschaft zuerst keine Probleme. Im Gegenteil: Ich musste fast kein Insulin spritzen, weil das Kind mitgegessen hat".

Erst als sie gegen Ende der Schwangerschaft wegen einer Gebärmutterhalsverkürzung und drohenden Frühgeburt Kortison-Spritzen für die Lungenreife des Ungeborenen bekam, stieg ihr Blutzuckerspiegel wieder an. Stefanie trug's mit Fassung: "Ich war bei meinen behandelnden Ärzten im Klinikum Traunstein in guten Händen. Als Teilnehmerin der ImmunDiabRisk-Studie wurden das Baby und ich zusätzlich von den Diabetesexperten des Instituts für Diabetesforschung ausführlich untersucht."

Die ImmunDiabRisk-Studie des Instituts für Diabetesforschung, Helmholtz-Zentrum München erforscht den Einfluss von Diabetes der Mutter auf die Reifung des kindlichen Immunsystems während der Schwangerschaft. Dabei werden Immunzellen aus dem Nabelschnurblut von gesunden Schwangeren mit Proben von Schwangeren mit Typ-1-Diabetes und anderen Diabetesformen verglichen. Die Forscher gehen davon aus, dass Mütter mit Typ-1-Diabetes ihrem ungeborenen Kind einen Schutz gegen die Erkrankung mitgeben. Jedenfalls haben Kinder von Müttern mit Typ-1-Diabetes ein zwei- bis dreifach verringertes Erkrankungsrisiko gegenüber Kindern von Vätern mit Typ-1-Diabetes. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass sich das Immunsystem von Kindern, deren Mütter Typ-1-Diabetes haben, schneller als das von Kindern mit gesunden Müttern entwickelt.

Sohn Matteo bei der Untersuchung
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Stefanie hat ihre Teilnahme an der ImmunDiabRisk-Studie nicht bereut: "Ich finde die Studie super. Durch die ärztlichen Untersuchungen wusste ich, dass es dem Baby gut geht. Die Studie sollte man unterstützen, damit möglichst vielen Kindern Diabetes erspart bleibt." Mittlerweile ist Stefanies zweiter Sohn Matteo zwei Jahre alt. Er hat sich altersgerecht entwickelt, wie die Nachuntersuchungen ergeben haben.

Teilnehmerinnen gesucht

Schwangere, die selbst an einer Form von Diabetes erkrankt sind oder deren Partner oder Kind Typ-1-Diabetes haben, können noch an der ImmunDiabRisk-Studie teilnehmen. Auf Wunsch bietet das Institut für Diabetesforschung den Teilnehmerinnen eine kostenlose Beratung bezüglich des Diabetes-Risikos ihres Kindes an.

Bei Interesse wenden Sie sich bitte unverbindlich an:

Forschergruppe Diabetes
Klinikum rechts der Isar
Technische Universität München
Ansprechpartnerin: Petra Becker
Stichwort: ImmunDiabRisk
Kölner Platz 1
80804 München
Tel.: 0800-8284868 (kostenfrei)
E-Mail: prevent.diabetes@lrz.uni-muenchen.de
Weitere Informationen: www.immundiabrisk.de

Über das Institut für Diabetesforschung

Das Institut für Diabetesforschung (IDF) befasst sich mit der Entstehung und Prävention von Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes als Spätfolge eines Gestationsdiabetes. Ein vorrangiges Projekt ist die Entwicklung einer Insulin-Impfung gegen Typ-1-Diabetes. In groß angelegten Langzeitstudien untersucht das IDF den Zusammenhang von Genen, Umweltfaktoren und Immunsystem für die Pathogenese von Typ-1-Diabetes. Mit den Daten der Geburtskohorte BABYDIAB, die 1989 als weltweit erste prospektive Diabetes-Geburtskohorte etabliert wurde, konnten Risikogene sowie Antikörperprofile identifiziert werden. Diese lassen Vorhersagen über Entwicklung und Ausbruch von Typ-1-Diabetes zu und werden die Klassifizierung und den Diagnosezeitpunkt verändern. Das IDF ist Teil des Helmholtz Diabetes Center (HDC).

Bildunterschriften: Stefanie K mit ihren Kindern und Sohn Matteo bei der Untersuchtung
Bildquelle: Institut für Diabetesforschung

zuletzt bearbeitet: 23.05.2015 nach oben

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