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Im Teufelskreis von Diabetes und Netzhauterkrankung

Sehbehinderungen können Patienten den Umgang mit der chronischen Erkrankung Diabetes erschweren

Darauf deuten Vorab-Ergebnisse einer internationalen Untersuchung hin, die heute in Nizza beim EURETINA-Kongress erstmals präsentiert wurden. Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) und die Deutsche Diabetes-Hilfe - Menschen mit Diabetes (DDH-M) fordern deshalb mehr Aufklärung über diabetische Netzhauterkrankungen sowie barrierefreie Hilfsmittel und gezielte Reha-Maßnahmen für blinde und sehbehinderte Diabetespatienten.

Unter dem Titel "DR-Barometer" wurden in 41 Ländern Daten zur Versorgungssituation von Menschen mit Diabetes und Augenerkrankungen erhoben. "DR" steht für "Diabetische Retinopathie". Unter diesem Begriff werden verschiedene Netzhauterkrankungen zusammengefasst, die infolge von Diabetes entstehen können. Mehr als 1,3 Mio. Menschen mit Diabetes leben bundesweit mit einer Erkrankung der Netzhaut, ungefähr 2.000 von ihnen erblinden jedes Jahr.

Das von der New York Academy of Medicine, der International Federation on Ageing (IFA), der International Diabetes Federation (IDF) und der International Agency for the Prevention of Blindness (IAPB) geleitete "DR-Barometer" wurde in Deutschland von DBSV und DDH-M durchgeführt. Die Studie wurde unterstützt von Bayer HealthCare.

Im deutschen Teil des "DR-Barometers" waren jüngere Menschen überrepräsentiert. Dennoch berichteten 27 Prozent der Diabetespatienten mit Seheinschränkung über Probleme im Umgang mit ihrem Diabetes. Besonders gravierend sind Einschränkungen bei der Kontrolle und Einstellung des Blutzuckers. Ein schlecht kontrollierter Diabetes kann zum Fortschreiten der Netzhauterkrankung führen; es droht ein Teufelskreis.

Die Effekte von Diabetes und Augenkrankheit verstärken sich gegenseitig und führen so zu einem erheblichen Verlust an Lebensqualität - die körperliche und psychische Gesundheit leidet. Obwohl Diabetespatienten keine Folgeerkrankung so sehr fürchten wie den Sehverlust, redet ein knappes Drittel nie mit dem Arzt darüber oder erst dann, wenn Symptome auftreten, nicht zuletzt aus Angst vor der Diagnose - auch darauf weisen die Ergebnisse der Untersuchung hin. DBSV und DDH-M planen deshalb eine gemeinsame Anstrengung mit Hausärzten, Diabetologen, Diabetesberatern und Augenmedizinern, um Patienten zur augenärztlichen Vorsorge zu motivieren.

"In den sogenannten Disease-Management-Programmen fehlt es in der interdisziplinären Betreuung bisher an Anreizen, um adäquat über dieses unterschätzte Problem zu informieren oder gezielte Prävention zu organisieren. Diabetes-bedingter Sehverlust ist in vielen Fällen vermeidbar", stellt Prof. Dr. med. Focke Ziemssen von der Universitätsaugenklinik Tübingen fest. "Mit Lasertherapie und Medikamenten, die in den Augapfel verabreicht werden, stehen wirksame Optionen zur Verfügung."

Hintergrund und Ausblick

Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) und die Deutsche Diabetes-Hilfe - Menschen mit Diabetes (DDH-M) haben im Mai 2014 gemeinsam das Projekt "Diabetes und Auge" gestartet. Ziele der Zusammenarbeit sind unter anderem die Verhütung von Folgeerkrankungen des Diabetes am Auge, eine bestmögliche Therapie und Versorgung der Patienten sowie die höchstmögliche Lebensqualität für Menschen mit Diabetes, die bereits von einem Sehverlust betroffen sind. Das Projekt "Diabetes und Auge" wird von Bayer HealthCare unterstützt.

Für April 2016 planen DBSV und DDH-M einen wissenschaftlichen Fachkongress. Experten aus den Bereichen Allgemeinmedizin, Diabetologie und Diabetesberatung, Augenheilkunde und Selbsthilfe möchten gemeinsam die konkreten Problemfelder angehen, die in der aktuellen "DR-Barometer"-Befragung offensichtlich wurden.

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zuletzt bearbeitet: 17.09.2015 nach oben

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