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Projekte mit dem Forschungsschwerpunkt Diabetes mellitus

Pressemitteilung: BERLIN-CHEMIE AG

Einfluss der Zellkultur auf die Insulinsekretion erhält Menarini-Preis 2017

Preisträger Torben Schulze mit Kongresspräsidentin Prof. Annette Schürmann Der Biotechnologe Torben Schulze von der Technischen Universität Braunschweig hat für seine Forschung zur Insulinsekretionskinetik den Menarini-Preis 2017 erhalten. Die Berlin-Chemie AG stiftet den Preis alljährlich zur Förderung herausragender wissenschaftlicher Projekte mit dem Forschungsschwerpunkt Diabetes mellitus. Die Preisverleihung fand am 27. Mai 2017 im Rahmen der 52. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Hamburg statt.

Schulze erforscht mit seinem Team die Kinetik der Insulinsekretion von β-Zellen. In seinen bisherigen Untersuchungen beobachtete er deutliche Unterschiede in der biphasischen Kinetik zwischen frisch isolierten und länger kultivierten Mäusezellen. Der Biotechnologe möchte nun gemeinsam mit seinem Team herausfinden, wodurch die Änderung der Insulin-Sekretionskinetik bedingt ist. Das Preisgeld in Höhe von 15.000 Euro verwendet Schulze deshalb für verschiedene experimentelle Analysen, mit denen er die Bedeutung unterschiedlicher Einflussfaktoren auf die Insulinsekretion untersuchen will. Die Ergebnisse könnten einen wertvollen Beitrag zum Verständnis der Insulinsekretion beim Menschen und damit für das Verständnis des Typ-2-Diabetes leisten.

Forschungspreise an Nachwuchswissenschaftler zu verleihen, gehört zu den Highlights wissenschaftlicher Tagungen - ganz besonders dann, wenn junge Wissenschaftler frischen Wind durch altbekannte Forschungsgebiete wehen lassen. Der mit dem Menarini-Preis 2017 ausgezeichnete Torben Schulze arbeitet daran, den β-Zellen des Pankreas ihre immer noch rätselhaften mikrophysiologischen Geheimnisse zu entlocken. Im Fokus seiner Forschung steht die Kinetik der Insulinsekretion. Die in zwei Phasen ablaufende Sekretion ist von entscheidender Bedeutung für die physiologische Blutzuckerregulation. In diesem Forschungsbereich spielt die Untersuchung der Amplifikation der Insulinsekretion eine wichtige Rolle.

"Spa-Effekte" oder Artefakte durch Zellkulturbedingungen?

"Eine Vielfalt unterschiedlicher tierischer Zell- und Gewebemodelle sowie verschiedene Arbeitsprotokolle erschweren die Vergleichbarkeit von Ergebnissen. Dadurch wird es natürlich schwierig, allgemeingültige Aussagen zu treffen", erläutert Schulze. Bisher wenig Aufmerksamkeit galt beispielsweise dem Zeitraum, den die Zellen in der Zellkultur verbringen, bevor Messungen durchgeführt werden. "Ein etwas längerer Aufenthalt in der Zellkultur ist durchaus üblich. Dadurch können zum Beispiel Arbeitsabläufe rationeller gestaltet werden. Auch wird angenommen, dass die Zellen sich während dieser Zeit quasi erholen, sich also ihrem ursprünglichen Zustand wieder annähern."

Gemeinsam mit seinem Team an der Technischen Universität Braunschweig hat Schulze nun herausgefunden, dass die Aufenthaltsdauer in der Zellkultur ein Faktor ist, der offensichtlich einen wesentlich größeren Einfluss auf die Untersuchungsergebnisse hat als bisher angenommen.

Veränderungen in der biphasischen Kinetik der Insulinsekretion

Der Wissenschaftler verwendet ein experimentelles Protokoll, bei dem der Glukose-Stimulus seine amplifizierende Wirkung verliert, während der übliche Nährstoff-Stimulus KIC (Ketoisocaproat) weiterhin effektiv ist.[1] Die sekretorische Antwort bei maximaler Glukose-Stimulierung wurde sowohl an frisch isolierten Inselzellen (NMRI-Mäuse) gemessen als auch an solchen Inselzellen, die sich bereits 22 Stunden in der Zellkultur befanden.

Die Ergebnisse zur Kinetik waren sehr unterschiedlich: Frisch isolierte Inselzellen zeigten eine gering ausgeprägte erste Phase der Insulinsekretion und eine kontinuierlich ansteigende zweite Phase. Die länger kultivierten Inselzellen zeigten hingegen eine ausgeprägte erste Phase, die jedoch bald in eine nur mäßig erhöhte, plateauartige zweite Phase überging. Die Ergebnisse der 22 Stunden lang kultivierten Zellen entsprechen jenen, die weithin als typisch für die Insulinsekretion angesehen werden.[2]

Mikro-Chip mit Pankreasinseln beladen

Schulze möchte das Menarini-Preisgeld dazu verwenden, die Ursachen für diesen ausgeprägten Wandel in der Sekretionskinetik zu ergründen. Daraus könnten sich grundlegende Erkenntnisse für die biphasische Natur der Insulinsekretion ergeben. "Unser Arbeitsprogramm enthält mehrere Schritte", erläutert der Preisträger. "Zunächst wollen wir die Aufenthaltsdauer in der Zellkultur eingrenzen, die die beobachtete Änderung in der Sekretionskinetik hervorruft. Danach wollen wir die Änderungen in der Verstoffwechselung der Glukose charakterisieren und die ausschlaggebenden Faktoren eingrenzen."

Schulze hält es beispielsweise für möglich, dass das im üblicherweise verwendeten Kulturmedium enthaltene fetale Kälberserum durch seinen Hormongehalt einen stimulierenden Einfluss auf die Kinetik hat. "Um eine bessere Vergleichbarkeit zu bekommen, wäre es ideal, mehrere Parameter gleichzeitig untersuchen zu können", ergänzt er. "Daher arbeiten wir zusammen mit dem Institut für Mikrotechnik in Braunschweig an der Herstellung eines Chips, den wir mit den Pankreasinseln beladen können." Der Chip ist so klein, dass er unter ein Mikroskop gelegt werden kann. Wenn der Chip einsatzbereit ist, ist es möglich, nicht nur die Insulinsekretion und den Sauerstoffverbrauch, sondern auch noch weitere für die Erforschung der β-Zellfunktion wichtige Daten zeitgleich messen zu können.

Vita des Menarini-Preisträgers 2017

Torben Schulze, Jahrgang 1986, schloss 2011 ein Bachelorstudium der Biotechnologie/Bioinformatik an der Hochschule Emden/Leer ab. Am Athlone Institute of Technology in Athlone, Irland, erwarb er einen zweiten Bachelor of Science in Toxikologie. Das Masterstudium in Molekularer und Angewandter Biotechnologie absolvierte Schulze an der RWTH Aachen. Seine Masterarbeit mit dem Titel "Nanoskalige Untersuchung biophysikalischer Eigenschaften aktivierter Leukozyten" schloss der Biotechnologe am Center for Nanotechnology in Münster ab. Seit Februar 2014 arbeitet Schulze als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe von Prof. Ingo Rustenbeck am Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Klinische Pharmazie in Braunschweig.

Quellen

Preisverleihung im Rahmen des 52. Kongresses der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), 27. Mai 2017, Hamburg

Literatur/Referenzen

  1. Schulze T, Morsi M, Reckers K, Brüning D, Seemann N, Panten U, Rustenbeck I. Metabolic amplification of insulin secretion is differentially desensitized by depolarization in the absence of exogenous fuels. Metabolism. 2017 Feb; 67: 1-13.

  2. Rorsman P, Renström E. Insulin granule dynamics in pancreatic beta cells. Diabetologia. 2003 Aug; 46(8): 1029-45.

Bildunterschrift: Torben Schulze, Menarini-Preisträger 2017, mit Kongresspräsidentin Prof. Dr. Annette Schürmann.
Bildquelle: BERLIN-CHEMIE AG

zuletzt bearbeitet: 11.06.2017 nach oben

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