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Warum ein Diabetesmedikament bei Parkinson helfen könnte

Metformin schützt die Zellen

Tübinger Forscherinnen und Forscher klären an Zellkulturen, dass der Arzneistoff den Energiehaushalt in geschädigten Körperzellen reguliert

Bei bestimmten Parkinsonformen könnte ein Diabetesmedikament helfen, berichten Tübinger Hirnforscher um Dr. Julia Fitzgerald am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, der Universität Tübingen und dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Tübingen in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Brain. Die Neurowissenschaftler identifizierten ein Eiweiß, das eine wichtige Rolle im Energiehaushalt von Zellen spielt. Fehlt dieses Protein, ist der Energiehaushalt nachhaltig gestört. Dies kann zum Zelltod und letztendlich zum Ausbruch der Parkinson-Krankheit führen. Bei der Erkrankung sterben Nervenzellen in einem Gehirnbereich ab, der Bewegungen kontrolliert. Anhand von Zellkulturen zeigten die Forscher, dass das Diabetesmedikament Metformin in den Energiehaushalt eingreift und so die Zellen schützt.

"Wir haben Zellen eines an Parkinson erkrankten Patienten untersucht und gesehen, dass ein wichtiges Protein fehlt, welches die Energiegewinnung in den Mitochondrien reguliert", erklärt Dr. Julia Fitzgerald. Die Folge: Unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch produzieren die Zellen in ihren Kraftwerken, den Mitochondrien, durchgängig Energie. Dabei entsteht jedoch auch ein Übermaß an freien Sauerstoffradikalen. Sie schädigen die Zelle und führen langfristig zu Zellalterung und Tod. "Das Diabetesmedikament wirkt hier wie eine Bremse. Es verlangsamt die Bildung von Energie und Sauerstoffradikalen und schützt die Zellen so vor negativen Auswirkungen", berichtet die Forscherin.

Die Studie der Tübinger Neurowissenschaftler gibt einen weiteren Hinweis, dass Diabetesmedikamente positiven Einfluss bei bestimmten Parkinsonformen zu haben scheinen. "Erst vor kurzem zeigte eine englisch-amerikanische Forschungskooperation, dass ein anderes Medikament Bewegungsstörungen bei Parkinsonpatienten vermindern kann", sagt Fitzgerald. Die neuen Erkenntnisse tragen zur Entwicklung einer individualisierten Medizin bei. Mit ihr möchten Mediziner in Zukunft zielgerichtet den zugrundeliegenden individuellen Krankheitsauslöser beim Patienten therapieren. Bei der Entstehung von Parkinson spielen sowohl eine erbliche Veranlagung als auch Umwelteinflüsse eine Rolle. "Die Ursache variiert letztendlich von Person zu Person", sagt Fitzgerald. "Langfristig kommt unsere Studie Patienten zugute, bei denen eine fehlerhafte Energiegewinnung in den Zellen zur Krankheit führt." Aktuell gibt es bei Parkinson keine Medikamente, die den Krankheitsprozess aufhalten oder verlangsamen können. Ärzte können lediglich die Symptome behandeln. Weltweit sind rund zehn Millionen Menschen von der Erkrankung betroffen.

Originalpublikation: Fitzgerald et al. (2017): Metformin reverses TRAP1 mutation-associated alterations in mitochondrial function in Parkinson's disease. Brain 140(9), pp 2444-2459. doi: 10.1093/brain/awx202

zuletzt bearbeitet: 29.08.2017 nach oben

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