Das unabhängige Diabetes-Portal DiabSite

Home > Aktuelles > Diabetes-Nachrichten > Archive > 2017 > 171026

Cholesterin und Diabetes

Wie stark darf LDL-Cholesterin gesenkt werden?

Aktuelle Studien vorgestellt und kommentiert von Prof. Helmut Schatz

Auf dem Europäischen Kardiologenkongress 2017 in Barcelona 2017 stellten Luiz Sérgio Carvalho et al. aus Sao Paulo eine große Metaanalyse über Cholesterinsenkung und Diabetesinduktion vor, ausgehend von dem Befund einer Assoziation von Prädiabetes und Diabetes bei einer genetischen PCSK9 - loss of function - Mutation. Sie studierten die randomisiert-kontrollierten Phase II- und III-Studien mit den PCSK9-Hemmern Alirocumab (Praluent®), Evolocumab (Repatha®) sowie auch der SPIRE-Studie mit dem inzwischen eingestellten Bococizumab.

Die Studiendauer musste mindestens 12 Wochen betragen, primäres Studienziel waren Änderungen im HbA1c und Nüchternblutzucker, weitere Ziele das Risiko eines Neuauftretens oder einer Verschlechterung eines Diabetes. Untersucht wurden die Daten von 68.000 Patienten in 20 randomisierten Studien. Mittleres Alter 60 Jahre, 58% Männer. Mittlere Ausgangswerte: Nüchtern-Plasmaglukose 103 mg/dl, HbA1c 5.89%. Einen Diabetes hatten 28%.

Nach im Mittel 48 Wochen Beobachtungszeit hatten Patienten unter PCSK9-Hemmern eine im Mittel um 1.88 mg/dl höhere Nüchtern-Plasmaglukose als unter Plazebo (p<0.001, ~2% pro Jahr), das HbA1c war um 0.032% höher (p<0.001). Diese Veränderungen führten aber über eine mittlere Nachbeobachtungszeit von 1.5 Jahren nicht zu einem erhöhten Risiko für ein Neuauftreten (RR 1.04, 95% CI 0.95-1.15; p=0.43) oder eine Verschlechterung eines Diabetes (RR 1.04, 95% CI 0.90-1.14; p=0.35).

Hingegen bestand ein geringes, jedoch signifikantes Risiko für Neuauftreten oder eine Verschlechterung eines schon bestehenden Diabetes in explorativen (Meta-Regressions-)Analysen, die nach Alter und Geschlecht adjustiert waren bei den Patienten, deren LDL-Cholesterin um mindestens 55% und auf 30 mg/dl oder tiefer durch PCSK9-Hemmer länger als 1 Jahr abgesenkt wurde.

Kommentar

Der Nutzen einer starken LDL-Senkung zur Prävention von kardiovaskulären (Sekundär-) Ereignissen ist wohl unbestritten. Offen ist freilich noch die Frage, ob man so tief wie möglich absenken solle, wie dies mit den PCSK9-Hemmern möglich ist. Es wird bezüglich unerwünschter Nebenwirkungen vielfach eine "J-Kurve" diskutiert; Langzeitbeobachtungen liegen noch nicht vor. Die vorliegende Metaanalyse weist darauf hin, dass eine extreme LDL-Senkung doch Risiken beinhalten könnte/dürfte, wenn auch die in dieser Studie beobachtete geringe Verschlechterung des Zuckerstoffwechsels durch den kardiovaskulären Nutzen wohl sicherlich deutlich aufgehoben wird.

Helmut Schatz

zuletzt bearbeitet: 26.10.2017 nach oben

Unterstützer der DiabSite:

Birgit Ruben

Birgit Ruben

Weitere Angebote:

Spendenaufruf Ukraine

Hilfeaufruf Ukraine

Diabetes-Portal DiabSite startet Spendenaufruf für Menschen in der Ukraine.