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Eine Million Euro für die Erforschung von Gehirn und Ernährungsverhalten

Übergewicht in der Schwangerschaft erhöht Diabetesrisiko beim Nachwuchs

Dr. Rachel Lippert, Leiterin der Nachwuchsgruppe Neuronale Schaltkreise am DIfE Wie unser Gehirn im Erwachsenenalter funktioniert, kann bereits während der Schwangerschaft durch Umweltfaktoren beeinflusst werden. Neben bekannten Einflussgrößen wie Zigaretten- und Alkoholkonsum, scheint die Ernährung der Mutter eine entscheidende Rolle zu spielen. Dr. Rachel Lippert möchte am Mausmodell erforschen, wie die mütterliche Ernährung auf die Bildung und Interaktion von Nervenzellen wirkt und das Verhalten der Nachkommen bis hin zum Erwachsenenalter prägt. Dafür erhält die DIfE- Nachwuchsforscherin von der Leibniz-Gemeinschaft innerhalb des Förderprogramms "Leibniz-Best Minds - Junior Research Groups" für die nächsten fünf Jahre eine Million Euro.

Wissenslücken schließen

Zahlreiche Studien zeigen, dass es Zusammenhänge zwischen einem sehr hohen Gewicht der Mutter während der Schwangerschaft und einem erhöhten Risiko für Stoffwechselerkrankungen, wie Übergewicht und Diabetes, beim Nachwuchs gibt. Aber auch neuronale Entwicklungsstörungen, wie zum Beispiel die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), werden in Zusammenhang mit dem Überangebot an Nahrung im Mutterleib gebracht. Dennoch ist bisher nur wenig über die genauen Mechanismen bekannt, wie die mütterliche Ernährung und eine Gewichtszunahme während der Schwangerschaft zu diesen schädlichen Auswirkungen bei den Nachkommen führen.

Rachel Lippert möchte diese Wissenslücke schließen. Dazu erforscht sie an einem speziellen Mausmodell den Einfluss der mütterlichen Ernährung und Stoffwechsellage auf die Funktion des Melanocortin-Systems im Gehirn des Nachwuchses. Ihr Fokus liegt auf bestimmten Hirnregionen, die die Energiehomöostase und das Konsum- und Belohnungsverhalten regulieren. Mit neuartigen Analysemethoden möchten Lippert und ihr Team Veränderungen der neuronalen Aktivitäten sichtbar machen und quantifizieren.

"Der Gesundheitsstatus des Kindes wird bereits im Mutterleib geprägt. Durch meine Forschung möchte ich dazu beitragen, dass die Bedeutung der Ernährung in der pränatalen Versorgung als vorsorgende Maßnahme weiterwächst. Die Häufigkeit von Übergewicht und damit verbundenen Erkrankungen könnte minimiert und unser Gesundheitssystem entlastet werden", so die 34-Jährige, die seit Anfang 2020 am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) die Nachwuchsgruppe Neuronale Schaltkreise leitet.

Ernährungsforschung trifft Neurowissenschaft

"In den letzten fünf Jahren habe ich viele Erkenntnisse und Erfahrungen in einem rein neurowissenschaftlichen Umfeld sammeln können. Das DIfE bietet mir nun ein interdisziplinäres Forschungsumfeld mit einer exzellenten Ausstattung. Hier kann ich Ernährungsforschung mit Neurowissenschaft hervorragend verbinden", freut sich Lippert. Zudem wird sie durch ihre Zugehörigkeit zum Exzellenzcluster NeuroCure die Infrastrukturen der Charité - Universitätsmedizin Berlin nutzen können.

Rachel Lippert überzeugte den Senatsausschuss der Leibniz-Gemeinschaft nicht nur durch ihr schlüssiges, vielversprechendes und gesellschaftlich bedeutsames Forschungskonzept, sondern auch durch ihr stetes Engagement für die Wissenschaftskommunikation. "Dr. Lippert ist eine außergewöhnlich entschlossene und offene Persönlichkeit. Sie teilt ihre Leidenschaft für ihre Forschung über verschiedene Kanäle auch außerhalb der Fachwelt. Wir freuen uns sehr, dass die Leibniz-Gemeinschaft Rachel Lipperts ambitioniertes Forschungsvorhaben für die kommenden fünf Jahren fördert", so Professor Tilman Grune, wissenschaftlicher Vorstand am DIfE.

Zur Person:

Dr. Rachel Lippert leitet am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) die Nachwuchsgruppe "Neuronale Schaltkreise", teilfinanziert durch das Exzellenzcluster NeuroCure der Charité  Universitätsmedizin Berlin. Lippert und ihr Team untersuchen am Mausmodell grundlegende Prozesse zur Verarbeitung von Nahrungsreizen im Gehirn.

Die in den USA geborene Neurowissenschaftlerin studierte von 2004 bis 2008 Chemie und Englisch am Albion College in Albion, Michigan. Während ihrer anschließenden Promotionszeit an der Vanderbilt University in Nashville, Tennessee, befasste sich die 34-Jährige mit der Funktion des Melanocortin-3-Rezeptors, der daran beteiligt ist, das Gleichgewicht zwischen Nahrungsaufnahme und Energieverbrauch und somit ein konstantes Körpergewicht aufrechtzuerhalten.

Lippert schloss ihre Doktorarbeit 2014 erfolgreich ab und wechselte dann in die Abteilung für "Neuronale Kontrolle des Stoffwechsels" von Professor Jens Brüning am Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung in Köln. Dort erforschte sie am Mausmodell, wie sich die Ernährung der Mutter auf die Verschaltung von Nervenzellen im sich entwickelnden Gehirn der Nachkommen auswirkt.

Hintergrundinformation:

Leibniz-Wettbewerb 2021: Leibniz-Best Minds - Junior Research Groups

Jedes Jahr treten rund 80 der 96 Leibniz-Institute in einen direkten Wettbewerb um insgesamt 24 Millionen Euro Fördermittel. Dafür stellt die Leibniz-Gemeinschaft unterschiedliche Förderprogramme zur Verfügung, darunter das Format "Leibniz-Junior Research Groups". Es bietet talentierten jungen Forschenden wissenschaftliche Selbständigkeit, kompetitive Ausstattung und vielfältige Vernetzungsmöglichkeiten.

Insgesamt hat der Senatsausschuss Wettbewerb (SAW) in diesem Jahr drei Forschungsvorhaben der Sektion Lebenswissenschaften empfohlen, darunter auch das Projekt von Dr. Rachel Lippert "Broad Adaptations to Brain Connectivity due to Maternal Influences on Neurocircuits caused by Diet" (BAByMIND). Die bewilligte Fördersumme in Höhe von einer Million Euro ermöglicht Lippert u. a., ihre Nachwuchsgruppe um einen wissenschaftlichen Mitarbeitenden und zwei Doktoranden zu erweitern.

Weitere Informationen:

Bildunterschrift: Dr. Rachel Lippert, Leiterin der Nachwuchsgruppe Neuronale Schaltkreise am DIfE.
Bildquelle: DIfE
Foto: Sonja Schäche

zuletzt bearbeitet: 27.11.2020 nach oben

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