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Semaglutid und diabetische Retinopathie

Vor Therapiebeginn ophthalmologische Untersuchung und regelmäßige Kontrollen empfohlen

Aktuelle Studien vorgestellt und kommentiert von Prof. Helmut Schatz

Weniger Augenerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen mit Diabetes Gegenwärtig boomt der GLP-1-Rezeptoragonist Semaglutid in der Adipositastherapie von Menschen ohne Diabetes (Handelsname: Wegovy). In den USA bestehen zur Zeit sogar Engpässe für diese Substanz zur Versorgung von Patienten mit Typ-2-Diabetes (Handelsname: Ozempic). Eine rezente Metaanalyse von sieben großen kardiovaskulären (CV) Outcome-Studien mit den gegenwärtig verfügbaren GLP-1-Agonisten von Steward G.b Albert et al.[1] ergab mit allen der Substanzen ein Senkung von CV Ereignissen, nur für s.c. Semaglutid aber auch eine Zunahme der Retinopathie-Rate. Deswegen wird von den Autoren[1] empfohlen, auch schon vor Beginn einer Semaglutid-Therapie bei Diabetes auf das Vorliegen einer Retinopathie zu testen und regelmäßig augenärztlich zu kontrollieren.

Im DGE-Blog wird seit Jahren über Semaglutid berichtet, nachdem beim EASD-Kongress in München 2016 die SUSTAIN-6-Studie von Novo Nordisk vorgestellt wurde und zeitgleich auch im NEJM online publiziert (siehe DGE-Blogbeitrag vom 19. September 2016, Lit. 2). In SUSTAIN-6 sah man eine signifikante Verschlechterung einer vorbestehende diabetischen Retinopathie (HR 1.76). Tendenziell hatte man dies auch mit Liraglutid in der LEADER-Studie gefunden. Als Erklärung wurde die schon länger bekannte ungünstige Wirkung einer (zu) raschen Blutzuckerabsenkung angeführt.[3] Eine spätere Analyse der SUSTAIN-6-Studie fand diese Verschlechterung nicht mehr. Die beobachtete Progression einer Retinopathie unter Semaglutid wurde in der Food and Drug Administration (FDA) lebhaft diskutiert, die Substanz dann aber zugelassen, später auch von der Europäischen Arzneibehörde (EMA). Im Beipackzettel für Ozempic findet sich die Anweisung, dass "bei Patienten mit einer Retinopathie-Anamnese deren Progression getestet werden soll, aber nicht, dass man schon vor Beginn auf Retinopathie untersuchen solle.[3]

Die sieben Studien der hier referierten Meta-Analyse[1] umfassten 56.000 Patienten. Die Prävalenz der Retinopathie lag zwischen 9 % und 31 %.

Die Relative Rate (RR) der Retinopathie für die gesamte Gruppe der GLP1-Agonisten ergab keine signifikanten Steigerungen (RR, 1.0, p=0.36).

Ein erhöhtes Retinopathie-Risiko wurde nur in der Gruppe unter s.c. Semaglutid gesehen (RR, 1.73; p=0.02).

Das Relative Risiko für CV Ereignisse signifikant reduziert wurde (p<0.001).

Helmut Schatz

Quellen

  1. Albert SG et al.: Diabetes Metab Syndr (online) 17. Januar 2023

  2. Helmut Schatz: Semaglutide, ein GLP-1-Agonist senkt bei Diabetespatienten das kardiovaskuläre und renale Risiko. DGE-Blogbeitrag vom 19. September 2016

  3. Helmut Schatz: Semaglutid, ein GLP-1-Agonist, vom Beratergremium der Amerikanischen Arzneibehörde (FDA) zur Zulassung empfohlen, trotz Retinopathie-Bedenken. DGE-Blogbeitrag vom 2. November 2017

  4. Miriam E. Tucker: Eye Check Important Before Starting Semaglutide for Diabetes. Medscape - Jan 24, 2023

Bildunterschrift: Diabetes und Augen
Bildquelle: Monika Gause für www.diabsite.de

zuletzt bearbeitet: 03.05.2023 nach oben

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