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rtCGM möglichst Vielen ermöglichen

Pressemitteilung: Dexcom Deutschland GmbH

Bessere Therapiequalität mit smartem Diabetesmanagement

TIR-Ampelschema beim Dexcom G7.
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Im Rahmen des Diabetes Kongresses DDG fand in Berlin ein von Dexcom veranstalteter Politisch-Wissenschaftlicher Abend zum digital gestützten Diabetesmanagement statt, an dem Mediziner ebenso zu Wort kamen wie Patientenvertreter. Im Fokus stand die Zeit im Zielbereich (Time in Range, TIR)[1], die dank kontinuierlicher Glukosemessung in Echtzeit (real-time Continuous Glucose Monitoring, rtCGM) zu einem zentralen Bestandteil einer modernen Beurteilung der Stoffwechseleinstellung geworden ist. Prof. Tadej Battelino, Erstautor der internationalen CGM Consensus Targets[2], verdeutlichte die Vorteile der TIR und ihrer Darstellung in Ampelfarben. Sich diese Möglichkeiten praktisch zunutze zu machen und so möglichst vielen Menschen mit Diabetes eine bessere Therapiequalität zu ermöglichen, war auch das Anliegen von Prof. Peter Schwarz, Dresden. Ein wichtiger Aspekt, das zeigten die engagierten Diskussionen, sind die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen: Es gehe darum, verbindliche Voraussetzungen für eine breite Anwendung zu schaffen.

"Wir erleben mit Blick auf das Diabetesmanagement sehr spannende Zeiten. Digitaler Support mit sich rasch entwickelnden Technologien ermöglicht eine immer bessere Stoffwechselführung und erleichtert Patienten den Umgang mit ihrem Diabetes", erklärte Dr. Michael Struck, Dexcom, zu Beginn des Politisch-Wissenschaftlichen Abends, der von der Journalistin Kay-Sölve Richter moderiert wurde. Ziel der Veranstaltung mit Vorträgen und einer Podiumsdiskussion sei es gewesen, so Struck weiter, verschiedenen Interessenvertretern eine Plattform für den interdisziplinären Austausch zu bieten und gemeinsam zu eruieren, "wo wir stehen und wo es vielleicht noch Handlungsbedarf gibt, um möglichst vielen Menschen mit Diabetes den Zugang zu diesen modernen Technologien zu ermöglichen."

Zeit im Zielbereich als Parameter weiter etablieren

Die Studienlage zur Bedeutung von rtCGM für die Glukosekontrolle ist heute solide.[3,4,5] Als primäre und bekannte Kenngröße wird meist der Langzeitblutzuckerwert (HbA1C) herangezogen, der als internationaler Standard definiert ist. Doch der HbA1C weist Limitierungen auf, wie der renommierte Diabetologe Tadej Battelino, Ljubljana, aufzeigte: Zum einen sei dieser insbesondere bei Typ-2-Diabetes nicht gut als Indikator für das Risiko schwerer Unterzuckerungen geeignet, wie Beobachtungsstudien gezeigt haben.[6] Außerdem werde der HbA1C i. d. R. nur alle drei Monate in der Arztpraxis bestimmt und bilde weder Schwankungen des Zuckerwertes noch auftretende Über- oder Unterzuckerungen ab. Weil es sich um einen Durchschnittswert handelt, kann auch bei einem "guten" HbA1C-Wert von 7 % ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Zuckerwerte außerhalb des Zielbereichs liegen.

Gerade Hyperglykämie, so Battelino, sei aber mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen und Folgeerkrankungen wie z. B. vaskulärer und nicht-vaskulärer Demenz assoziiert.[7] Die Einführung von Systemen, die den Zuckerwert automatisch messen, machte es jedoch möglich, lückenlose Glukoseprofile aufzuzeichnen, die die Stoffwechseleinstellung differenzierter abbilden und genauere Vorgaben für die Behandlung liefern können. Diese Entwicklung bewegte Battelino 2019 zusammen mit anderen CGM-Experten, sich in einem Konsenspapier für die TIR als neuer internationaler Standardmessgröße neben dem HbA1C auszusprechen - und die dort festgehaltenen Behandlungsziele anhand von Ampelgrafiken zu veranschaulichen. "Die Einigung auf diese Vorgaben erlaubt eine präzisere Therapieführung und, falls nötig, schnellere Anpassung, und somit eine Steigerung der TIR - also eine Verbesserung der Stoffwechseleinstellung - bei Menschen mit Diabetes, die ein rtCGM-System nutzen“, fasste Battelino zusammen. Daher gebe es keine Zeit zu verlieren bei der stärkeren Berücksichtigung der TIR - und somit einer breiteren Versorgung mit den smarten Glukosesensoren, die den Kennwert erst möglich machen.

Vorausschauende Warnungen: Leitplanken auf dem Weg zu mehr Zeit im Zielbereich

Prof. Dr. med. habil. Peter Schwarz unterstützt eine Ausweitung der Indikation von rtCGM für mehr Menschen. Der Präventionsmediziner setzt sich dafür ein, dass nicht nur Patienten mit ICT, sondern z. B. auch solche mit blutzuckersenkenden Tabletten von den Möglichkeiten der smarten Glukosesensoren profitieren können - und sieht rtCGM-Systeme perspektivisch sogar zur Prävention lebensstilbedingter - also verhaltensabhängiger - Erkrankungen im Einsatz. Denn das stetige Biofeedback des Sensors zeige den Nutzer/-innen unabhängig von der Therapieform, wie sich Mahlzeiten, Bewegung oder auch Stress auf den Zuckerspiegel auswirken, und könne so zu günstigen Verhaltensänderungen führen. Das bestätigt auch eine Umfrage unter CGM-Nutzer/-innen, in der 87 % der Befragten nach eigener Aussage aufgrund der CGM-Nutzung ihre Lebensmittelauswahl geändert haben und fast jeder Zweite (47 %) angab, sich bei steigenden Zuckerwerten körperlich eher zu betätigen.[8]

Es lohnt sich also psychologisch und gesundheitlich, Prozesse im Körper so möglichst einfach "sichtbar" zu machen. Die Darstellung der ermittelten TIR, TAR und TBR[1] in den Ampelfarben Grün, Gelb und Rot - beim neuen Dexcom G7 für die letzten 3, 7, 14, 30 oder 90 Tage in der App[9] oder auf dem Empfänger - gebe den Zahlen eine Bedeutung und spreche eine universelle Sprache, die alle verstehen: Rot heißt "Iss oder trink etwas", Gelb ruft zu körperlicher Bewegung auf und Grün bedeutet "Exzellent, kein Handlungsbedarf". Auf dem Weg zum langfristigen Behandlungsziel "Mehr Grün, weniger Rot“[10] sieht Schwarz intelligente Warnungen, die über potenziell gefährliche Zuckerverläufe informieren können, als hilfreiche Leitplanken - gemäß dem Motto "Mit rtCGM Prävention lernen, statt Entgleisungen zu behandeln." Und er sieht einen weiteren Vorteil: "Durch diese Funktionen werden nicht nur die Risiken einer akuten Unter- oder Überzuckerung reduziert,[11,12]es ist zudem davon auszugehen, dass sich die Verlängerung der Zeit im Zielbereich langfristig in einem geringeren Ausmaß diabetischer Folgeerkrankungen niederschlägt." Aktuell macht die Behandlung der Folgeerkrankungen allein in Deutschland etwa zwei Drittel aller diabetesassoziierten Kosten aus.[13]

So sieht auch Battelino neben der Verringerung akuter und chronischer Komplikationen und der verbesserten Lebensqualität einen weiteren Vorteil einer gesteigerten TIR bei gleichzeitig geringerer TBR mittels rtCGM: eine sofortige und langfristige Kostenreduktion im Gesundheitssystem, etwa durch weniger Notfalleinsätze und Krankenhauseinweisungen aufgrund von Hypoglykämien.[14]

Digitaler Support findet auch bei Patientinnen und Patienten viel Anklang

Im Rahmen der Podiumsdiskussion nach den Vorträgen berichteten zwei Menschen mit Diabetes von ihren eigenen positiven Erfahrungen mit rtCGM-Systemen. Andreas[15] war im Februar mit dem Dexcom G7 auf dem Kilimandscharo und erzählte: "Die vorausschauende Warnung 'Bald niedriger Wert' und die Information über einen Abwärtstrend haben es mir ermöglicht, mit Saft und Traubenzucker gegenzusteuern. So konnte ich bei mehr als 10-stündigen Gipfeltouren körperliche Höchstleistungen vollbringen und gleichzeitig drohende Unterzuckerungen vermeiden."

Der ehemalige Opernsänger Fernando[16] ist aufgrund seines Diabetes erblindet und musste seine Gesangskarriere beenden, doch Musik spielt nach wie vor eine große Rolle in seinem Leben: Der Tenor gibt heute regelmäßig Benefizkonzerte und ist froh über die Möglichkeiten der modernen Diabetestechnologie, die ihn dabei unterstützen, seiner Leidenschaft weiter nachzugehen. Seit er die Warnungen vor Unter- und Überzuckerungen individuell auf seinen eigenen Stoffwechsel angepasst hat, konnte er die Zeit im Zielbereich deutlich ausbauen - und die oberhalb reduzieren.

Auch bei vielen anderen Menschen mit Diabetes erfahren die Warnfunktionen viel Akzeptanz, wie Prof. Bernhard Kulzer, Bad Mergentheim, anhand einer Umfrage[17] unter 500 Menschen mit Diabetes aufzeigte. Demnach ist vor allem die Warnung vor niedrigen Glukosewerten ein bedeutsamer Grund für ein CGM-System.[17] Der Diplompsychologe führt das u. a. darauf zurück, dass so die weitverbreitete Angst vor Unterzuckerungen, insbesondere nachts, verringert werden kann.[18] Norbert Kuster von der Deutschen Diabetes Hilfe hat ähnliche Erfahrungen gemacht. „Ich erhalte von vielen Menschen mit Diabetes das Feedback, dass sie sich mit digitalem Support sicherer fühlen und ihren Alltag leichter bewerkstelligen können."

Wo gibt es noch Handlungsbedarf?

Doch um die Potenziale voll auszuschöpfen, müssten Patientinnen und Patienten wie Behandlungsteams fit gemacht werden für eine digitale Diabetologie. Da es im Moment allerdings noch keine verbindlichen Konzepte gibt, bekräftigte auch Kulzer: "Wir brauchen mehr strukturierte Aus- und Weiterbildung!" Und nicht zuletzt die Regelung der Kostenübernahme wird eine wichtige Voraussetzung sein für die erfolgreiche Umsetzung digitaler Supportangebote. In Deutschland können die Systeme bisher nur bei intensivierter Insulintherapie (ICT) oder in der Schwangerschaft verordnet werden;[19] wer diätetisch oder mit oralen Antidiabetika (OAD) behandelt wird, muss (noch) auf die herkömmliche Blutzuckermessung via Fingerpiks zurückgreifen.

Doch es tut sich etwas: Die amerikanische Diabetesgesellschaft etwa plädiert dafür, CGM allen Menschen mit Diabetes verfügbar zu machen,[20] und auch deutsche Expertinnen und Experten forderten bereits einen breiteren Einsatz.[21]

Quellen

  1. Die TIR ist die Zeitspanne, in der sich der Zuckerwert in einem bestimmten Bereich (i. d. R. zw. 70 und 180 mg/dL bzw. 3,9 und 10 mmol/L) befindet. Sie wird mit Ärztin oder Arzt festgelegt und in Prozent angegeben. Die Time above Range (TAR) bezeichnet die Zeit oberhalb, die Time below Range (TBR) die Zeit unterhalb dieses Zielbereichs.

  2. Battelino T, et al. Clinical Targets for Continuous Glucose Monitoring Data Interpretation: Recommendations From the International Consensus on Time in Range. DiabetesCare. 2019;42(8):1593-1603.

  3. Šoupal J, et al. Glycemic Outcomes in Adults With T1D Are Impacted More by Continuous Glucose Monitoring Than by Insulin Delivery Method: 3 Years of Follow-Up From the COMISAIR Study. Diabetes Care 2020; 43: 37–43.

  4. Martens T et al. Effect of Continuous Glucose Monitoring on Glycemic Control in Patients With Type 2 Diabetes Treated With Basal Insulin A Randomized Clinical Trial. JAMA. 2021 Jun 8; 325 (22): 2262–2272.

  5. Visser MM, et al. Effect of switching from intermittently scanned to real-time continuous glucose monitoring in adults with type 1 diabetes: 24-month results from the randomised ALERTT1 trial. Lancet Diabetes Endocrinol. 2023;11(2):96-108.

  6. Lipska KJ, et al. HbA1c and risk of severe hypoglycemia in type 2 diabetes: the Diabetes and Aging Study. Diabetes Care. 2013;36(11):3535-3542.

  7. Celis-Morales CA, et al. Type 2 Diabetes, Glycemic Control, and Their Association With Dementia and Its Major Subtypes: Findings From the Swedish National Diabetes Register. Diabetes Care. 2022;45(3):634-641.

  8. Ehrhardt N und Zaghal E. Continuous Glucose Monitoring As a Behavior Modification Tool. Clin Diabetes. 2020;38(2):126-131.

  9. Kompatible Geräte sind separat erhältlich. Eine Liste finden Sie unter www.dexcom.com/compatibility.

  10. Bergenstal RM, et al. More Green, Less Red: How Color Standardization May Facilitate Effective Use of CGM Data. J Diabetes Sci Technol. 2022;16(1):3-6.

  11. Puhr S, et al. Real-World Hypoglycemia Avoidance With a Predictive Low Glucose Alert Does Not Depend On Frequent Screen Views. J Diabetes Sci Technol. 2020;14(1):83-86.

  12. Acciaroli G, et al. Mitigation of Rebound Hyperglycemia With Real-Time Continuous Glucose Monitoring Data and PredictiveAlerts. J Diabetes Sci Technol. 2021 Jan 5; doi: 10.1177/1932296820982584.

  13. DDG und diabetesDE (Hrsg.). Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2019 - Die Bestandsaufnahme. 2018: 24.

  14. Karter AJ, et al. Association of Real-time Continuous Glucose Monitoring With Glycemic Control and Acute Metabolic Events Among Patients With Insulin-Treated Diabetes. JAMA. 2021;325(22):2273-2284.

  15. Andreas ist ein bezahlter Markenbotschafter von Dexcom, Inc.

  16. Fernando ist ein bezahlter Markenbotschafter von Dexcom, Inc.

  17. dia-link. Gemeinsam forschen. Zugriff Mai 2023. https://www.dialink-diabetes.de.

  18. Lind M, et al. Sustained Intensive Treatment and Long-term Effects on HbA 1c Reduction (SILVER Study) by CGM in People With Type 1 Diabetes Treated With MDI. Diabetes Care. 2021;44(1):141-149.

  19. G-BA. Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung: Kontinuierliche interstitielle Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten (rtCGM) zur Therapiesteuerung bei Patientinnen und Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus Zugriff Mai 2023. https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2623/2016-06-16MVVRLrtCGM_BAnz.pdf.

  20. Grunberger G, et al. American Association of Clinical Endocrinology Clinical Practice Guideline: The Use of Advanced Technologies in the Management of Persons with Diabetes Mellitus. Endocr Pract. 2021;27(6):505-537.

  21. Thomas A, et al. Expertenaustausch zum Einsatz von kontinuierlichem Glukosemonitoring (CGM) im Diabetesmanagement: Eine aktuelle Bestandsaufnahme und Blick in die Zukunft. Diabetol. und Stoffwechsel. 2022;17.

Bildunterschrift: TIR-Ampelschema beim Dexcom G7
Bildquelle: Dexcom Inc.

zuletzt bearbeitet: 27.06.2023 nach oben

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