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Neue Leitlinie verbessert die Therapie von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes Typ 1

Statement von Dr. med. Martin Holder, Leitender Oberarzt am Klinikum Stuttgart, Olgahospital, Leiter der Schulungs- und Behandlungseinrichtung für Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes/Pädiatrie  (DDG), Kinder-Endokrinologe und -Diabetologe sowie Kinder-Nephrologe, im Rahmen der 57. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) am 19. Mai 2023.

Aktualisierung der S3-Leitlinie "Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter"

Dr. Martin Holder, Kinder-Endokrinologe und -Diabetologe sowie Kinder-Nephrologe. Seit der letzten Aktualisierung unserer S3-Leitlinie im Jahre 2015 hat es in der Kinder-Diabetologie einen enormen technischen Fortschritt und inhaltliche Weiterentwicklungen gegeben. Dies wird in der neuen Leitlinie als Standard festgelegt und mit Evidenzen aus Studien belegt, besonders auf folgenden Gebieten:

Früherkennung und Prävention

Die neue Einteilung des Typ-1-Diabetes in verschiedene Stadien kann in Zukunft Interventionen ermöglichen, die den klinischen Beginn der Diabeteserkrankung signifikant verzögern oder vermeiden können. Daneben können Präventionsstudien wie die gerade seit 2021 bundesweit durchgeführte Präventionskampagne der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie (AGPD) der DDG das Auftreten einer schweren, lebensbedrohlichen Stoffwechselentgleisung (diabetische Ketoazidose, DKA) bei Manifestation des Diabetes signifikant reduzieren. Auch in Kanada ist eine solche landesweite Kampagne in Vorbereitung, nach kleineren Projekten in anderen Ländern.

Intensivierung der Therapie

Neue ultrakurz und ultralang wirksame Insulinanaloga erlauben eine individuellere, den jeweiligen Bedürfnissen des Kindes und Jugendlichen angepasste intensivierte Insulintherapie (ICT, Spritzentherapie).

Enorme Weiterentwicklung der Diabetes-Technologie

Eine Insulinpumpentherapie soll allen Kindern und Jugendlichen bei Manifestation oder als Wechsel von der Spritzentherapie ermöglicht werden, wenn sie oder ihre Eltern / Betreuer in der Lage sind, diese Therapieform sicher anwenden zu können. Metaanalysen und systematische Reviews zeigen, dass mit der Insulinpumpentherapie, insbesondere dem frühen Beginn, in allen Altersgruppen im Vergleich zur ICT-Therapie eine Verbesserung der Stoffwechseleinstellung (HbA1c) erzielt wird.

Das Gleiche gilt für die kontinuierliche Glukosemessung (CGM). CGM hat entscheidend das Management des Typ-1-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen verändert. Die Möglichkeit, fortlaufend den eigenen Glukoseverlauf zu sehen, und für die Eltern auch "remote", gewährleistet eine schnelle Anpassung bei Schwankungen und führt zu einer Steigerung der Zeit im Zielbereich (Time in Range, TIR) und verbesserten HbA1c-Werten. In Kombination mit der automatischen Insulinabschaltung verhindert CGM Hypoglykämien, reduziert die Angst vor Hypoglykämien und verbessert dadurch auch die Lebensqualität.

Die aktuell immer häufigere Anwendung von erweiterten AID-Systemen (eine Kombination aus Insulinpumpe, CGM und Steuerungsalgorithmus mit automatischer Insulinabgabe) bedeutet einen Quantensprung in der Therapie von Kindern und Jugendlichen. Erste Studien und die tägliche Praxis zeigen eindrücklich eine Senkung der mittleren Glukosewerte, mehr Zeit im Zielbereich von 70-180 mg/dl (3,9-10 mmol/l), Reduktion der Glukoseschwankungen, eine deutlich verbesserte Einstellung in der Nacht mit einer verbesserten Schlafqualität für Kinder und Jugendliche sowie Eltern und besserer Effektivität tagsüber. Deshalb sollte eine aktuelle Pumpen- / Sensorverordnung heute auf jeden Fall die Möglichkeit zum AID-System bieten.

Schulung und Inklusion/Teilhabe

Eine gute Vorbereitung und ausführliche Schulung sind notwendig für eine erfolgreiche Anwendung der neuen Therapiesysteme neben einer technischen Einweisung. Diabetes-Technologie sollte verständlich erklärt werden. Vertrauen in das System, dass man es automatisch "arbeiten" lässt, aber dennoch zu wissen, dass man für Mahlzeiten Insulin abgeben muss, ist erforderlich.

Da bei Manifestation des Typ-1-Diabetes die Kinder immer jünger werden, ist eine intensivere Betreuung in Kitas, Kindergärten und Schule absolut notwendig. Deshalb wird für diese Einrichtungen der Einsatz von Kita-, Kindergarten- und Schulgesundheitsfachkräften gefordert.

Andere Diabetesformen

Ein eigenes Kapitel befasst sich mit den verschiedenen anderen Diabetesformen im Kindesalter, die zwar seltener sind, daher aber die Empfehlungen der Leitlinie umso wichtiger für die Versorgung sind.

Liste der Leitlinien-Autorinnen und -Autoren

Es gilt das gesprochene Wort!

Bildunterschrift: Dr. med. Matin Holder, Kinder-Endokrinologe und -Diabetologe sowie Kinder-Nephrologe.
Bildquelle: www.diabsite.de

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zuletzt bearbeitet: 24.07.2023 nach oben

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Dr. phil. Axel Hirsch

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