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Diabetologie fängt erst an

Eröffnungsansprache des Tagungspräsidenten der 42. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) Prof. Dr. med. Peter Nawroth, Direktor Abteilung Innere Medizin I und Klinische Chemie, Universitätsklinikum Heidelberg.

Diabetes-Behandlung und -Prävention müssen das gesamte psychosoziale Umfeld berücksichtigen

Die Zahl der an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankten Deutschen wird bis 2010 auf 10 Mio. Menschen steigen, sofern es nicht gelingen wird, bei der Zunahme der Erkrankung eine Trendwende zu erzielen. Noch bedrückender als die Zunahme der Diagnose Diabetes mellitus Typ 2 ist die Zunahme der durch diese komplexe metabolische Erkrankung verursachten Spätschäden. Diese Spätschäden stellen nicht nur für das Gesundheitssystem eine der größten Belastungen dar, sondern verursachen auch außerhalb des Gesundheitssystems durch Arbeitsausfall und Frühberentung sowie frühzeitige Pflegebedürftigkeit eine Belastung aller Sozialsysteme. Aber auch diese finanzielle Belastung ist nur gering im Vergleich zur Reduktion der Lebensqualität und dem großen Leiden der Einzelpersonen, die von diabetischen Komplikationen betroffen sind. Auf der 42. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, die in Hamburg stattfindet, stellen Experten die neuesten Erkenntnisse und Entwicklungen in der Diabetologie und der Diabetesbehandlung vor.

Aus der Erkenntnis von Lebensstil-Interventionsstudien ist deutlich, dass eine Reduktion des Körpergewichts schon um wenige Kilogramm, eine Zunahme der körperlichen Bewegung um 30 Minuten am Tag und eine gesunde Ernährung ausreichen, um die steil nach oben weisende Kurve der Neuerkrankungen an Diabetes mellitus Typ 2 abzuflachen. Dem steht trotz aller gesundheitspolitischen Aufklärung die Schwierigkeit des Umsetzens entgegen - während Bildung und gesicherter psychosozialer Status positive Prädiktoren für den Erfolg solcher Maßnahmen sind, sind Depression, Arbeitslosigkeit und soziale Vereinsamung Faktoren, die alle Vorsorgebemühungen zunichte machen. Dies zeigt schon, dass gute Ratschläge nicht ausreichen, um das Problem in den Griff zu bekommen, sondern dass der Mensch mit seinem gesamten psychosozialen Umfeld betrachtet werden muss.

Deswegen beginnt die Jahrestagung nach dem Eröffnungsvortrag mit dem absoluten "Highlight" der Jahrestagung, nämlich einem Vortrag von Prof. Dr. Dr. P. Kirchhof aus Heidelberg, der "Das Gesundheitssystem als gesellschaftliche Aufgabe: gesellschaftliche und finanzielle Aspekte" zum Thema hat. Ergänzt wird dieser Vortrag durch Prof. Birnbacher aus Düsseldorf, der über das Menschenbild im ärztlichen Handeln spricht. Diese Fokussierung auf den Einzelpatienten ist eine der Stärken der Deutschen Diabetes-Gesellschaft.

Die Fachgesellschaft bietet Ärzten, Wissenschaftlern, Krankenschwestern, Pflegern, Diabetesberatern und DiabetesberaterInnen, sowie den Betroffenen eine Möglichkeit zum Austausch von Wissen und Meinungen. In etwa 70 Vortragsveranstaltungen referieren nationale und internationale Experten zu den verschiedenen Schwerpunkten der Gesellschaft. Als roter Faden dieser Jahrestagung zieht sich die Veränderung des Gefäßsystems als Spätfolge des Diabetes mellitus Typ 1 und Diabetes mellitus Typ 2 durch fast alle Symposien. Wie in der Eröffnungsveranstaltung von Prof. Brownlee aus den USA dargestellt, bietet die Beschäftigung mit dem Gefäß als einem zentralen Organ, dessen Erkrankung diabetische Spätschäden auslöst, die Möglichkeit, neue therapeutische Optionen für die betroffenen Patienten zu finden und das Leiden für die schon an Komplikationen Erkrankten zu mindern. Diese neuen Ansätze spiegeln sich wider in neuen Erkenntnissen von alternativen Therapien, Erkenntnissen der Versorgungsforschung, der Ernährungsforschung, der Hochdruck- und Nierentherapie, der Kardiologie und Angiologie sowie psychosozialer Disziplinen. So trägt zu Recht die Tagung das Motto: "Diabetologie fängt erst an".

zuletzt bearbeitet: 15.05.2007 nach oben

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