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Wege aus der Finanzkrise - Wie bleibt das deutsche Gesundheitssystem bezahlbar?

Abstract zum Vortrag von Prof. Dr. med. Thomas Haak im Rahmen der 42. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) in Hamburg.

Die Ausgabenbegrenzung scheint fragwürdig, die Einnahmenerhöhung offenbar nicht angedacht

Prof. Dr. Thomas Haak Deutschland verfügt über ein sehr hoch entwickeltes Gesundheitswesen. Allerdings ist dieses auch mit erheblichen Kosten verbunden. Auf Grund demographischer Entwicklungen zahlen immer weniger Menschen für immer mehr Leistungsempfänger in das System ein. Zusätzlich ist die Medizin technisierter, leistungsfähiger aber auch deutlich teurer geworden. Des Weiteren schaffen Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und andere Krankheiten immer größere Finanzierungslücken.

Um diese Lücken zu schließen, ergeben sich prinzipiell nur zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist die Ausgabenbegrenzung. Die Alternative hierzu die Einnahmenerhöhung. Den ersten Weg zur Lösung des Problems beschreitet derzeit die Bundesregierung. Mit dem Hinweis, dass alles medizinisch Notwendige bezahlbar bleibt, täuscht man den Versicherten ein intaktes System vor, denn was medizinisch sinnvoll ist, entscheidet die Bundesregierung. Zwar tut sie dies nicht persönlich, doch sie bedient sich von Institutionen wie dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen und dem gemeinsamen Bundesausschuss, der dann die Gesetzesvorlagen vorbereitet. Dieses Vorgehen gilt bei Patienten und Therapeuten als fragwürdig.

Dieses stößt auch sehr schnell an seine Grenzen, wenn es um Erkrankungen geht, bei denen eine Leistungsbegrenzung weitreichende Folgen für die Patienten hat (beispielsweise der Knochenmarkstransplantation bei bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems). Bei Erkrankungen wie dem Diabetes mellitus hat eine Leistungsbegrenzung nicht die einschneidenden Folgen oder aber zumindest nicht sofort. Entsprechend erfolglos verliefen die Proteste von Patienten, Fachgesellschaften und Berufsverbänden.

Vermutlich aus Popularitätsgründen und im Hinblick auf die anstehenden Wahlen hat man nicht den Eindruck, dass von Regierungsseite über den Alternativweg, nämlich der Einnahmensteigerung, nachgedacht wird. Mit dem bisherigen System der Krankenversicherung gelingt es, eine Grundversorgung sicher zu stellen, die für die meisten Patienten sicher auch ausreichend ist. Darüber hinaus wäre es jedoch auch denkbar, bestimmte Zusatzleistungen separat abzusichern. Dies ist der Bürger durchaus auch gewohnt. Von der Kfz-Versicherung bis zur Hausratsversicherung sind Zusatzleistungen versicherbar und sofern ein Versicherungsnehmer für sich das Risiko erkennt, solche Zusatzleistungen zu benötigen, wird er auch bereit sein, hierfür einen gesonderten Beitrag zu leisten oder aber der Versicherte nimmt bewusst das Risiko in Kauf, im Bedarfsfalle die Zusatzleistungen selbst zu bezahlen.

In jüngster Zeit wird verstärkt darüber nachgedacht, ein gesundheitsschädliches Verhalten in irgendeiner Form zu sanktionieren. Diese im Grunde vernünftigen Überlegungen scheinen in der Praxis jedoch sehr schwer umsetzbar zu sein. Wer sollte beispielsweise entscheiden, ob ein Verhalten gesundheitsschädigend ist und Ärzte können sicherlich nicht im Nebenberuf sich zum Sozialrichter im weitesten Sinne aufschwingen.

Die Alternative hierzu heißt, dass die Versicherungsbeiträge deutlich heraufgesetzt werden und ein gesundheitsbewusstes Verhalten, was wiederum der Patient dokumentiert, führt zu einer Reduktion der Versicherungsbeiträge. Dieser Weg ist bislang nur wenig beschritten worden, ein Nachdenken hierüber erscheint jedoch sehr lohnenswert.

Bei all diesen Überlegungen zur Bewältigung der Finanzierungslücke im Gesundheitssystem darf natürlich eines nicht geschehen, dass der sozial Schwache auf der Strecke bleibt. Hier hat jedoch die Bundesregierung schon immer einen Weg gefunden, Sozialpolitik so zu gestalten, dass diese auch sozial verträglich ist. Die Deutsche Diabetes-Gesellschaft ist gerne bereit, die Bundesregierung bei solchen Überlegungen, sollten sie denn angestellt werden, zu unterstützen.

Bildunterschrift: Prof. Dr. med. Thomas Haak, Designierter Präsident der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, Chefarzt des Diabetes Zentrums Bad Mergentheim.
Bildquelle: Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG)

zuletzt bearbeitet: 18.05.2007 nach oben

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