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Deutscher Diabetiker Bund:

"Umfrage deckt Skandal auf: Diabetiker müssen Teststreifen selbst zahlen"

Ein Viertel aller gesetzlich Krankenversicherten, die an Diabetes mellitus Typ 2 oder "Altersdiabetes" leiden, muss für seine Blutteststreifen selbst aufkommen, obwohl die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden müssten. Dies ist das überraschende Ergebnis einer repräsentativen Umfrage von TNS Healthcare. "Die Tatsache, dass 25 Prozent der Befragten angeben, sie müssten ihre Blutzuckerteststreifen selbst zahlen, ist ein Skandal", kritisiert der Bundesvorsitzende des Deutschen Diabetiker Bundes (DDB) Manfred Wölfert heute in Kassel. "Den Patienten wird zu Unrecht in die Tasche gegriffen."

Durch die Umfrage sollte eigentlich nur herausgefunden werden, wie die Patienten den Nutzen der Blutzuckerselbstmessung einschätzten. Der dabei zu Tage getretene Missstand dokumentiere, welche Auswirkungen die permanente Verunsicherung der behandelnden Ärzte habe, die fälschlich Regresse - in diesem Fall durch die Verordnung von Teststreifen - fürchteten. Wölfert kritisierte in diesem Zusammenhang die Informationspolitik sowohl der Krankenkassen als auch der Kassenärztlichen Vereinigungen, denen offensichtlich die zurückhaltende Verordnung von Blutzuckerteststreifen gelegen komme.

Der DDB-Bundesvorsitzende vermutet hinter dem hohen Anteil von Selbstzahlern eine missverstandene Regelung des Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetzes. Es sieht bei der Verordnung bestimmter Arzneimittel Bonus-Malus-Regelungen für Ärzte vor. "Teststreifen sind jedoch keine Arzneimittel. Die Regelung gilt also für sie nicht", betonte er.

Wölfert warnte davor, in der Diabetesbehandlung an der falschen Stelle zu sparen. Die gesetzlichen Krankenkassen geben schon heute jährlich rund 3,5 Milliarden Euro für die Diabetestherapien und knappe 10 Milliarden für seine Folgeerkrankungen aus. "Die auf die Kassen zurollende Kostenlawine kann nur eingedämmt werden, wenn alle Chancen genutzt werden, die Behandlung zu optimieren und Folgeerkrankungen zu verhindern", betonte der DDB-Vorsitzende. Dazu gehöre der sinnvolle Einsatz der Blutzuckerselbstmessung. Dies belegen neue Untersuchungen wie die ROSSO-Studie: Das Morbiditätsrisiko sank bei Selbstkontrolle um etwa ein Drittel, das Mortalitätsrisiko sogar um die Hälfte.

Diabetes mellitus Typ 2 ist eine der wenigen Stoffwechselerkrankungen, deren Verlauf durch Veränderungen des Lebensstils positiv beeinflusst werden kann. An dieser Variante der Zuckerkrankheit erkranken mittlerweile auch immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene. Betroffen sind in Deutschland derzeit circa sechs Millionen Menschen, Tendenz steigend.

Die Blutzuckerselbstkontrolle ist nach Auffassung namhafter Diabetologen eine wichtige Möglichkeit für die Betroffenen, die Erfolge der Therapie zu beobachten. Durch die Selbstmessung können sie erkennen, ob die ihnen abverlangte Änderung des Lebensstils, ob Sport und/oder Diät, etwas bringen. Sie motiviere die Erkrankten, den veränderten Lebensstil beizubehalten und fördere deren Selbstverantwortung.

Diese Ansicht wird auch durch die Umfrage bestätigt. 54 Prozent der befragten Diabetiker sahen in der Blutzuckerselbstmessung ausschließlich und 32 Prozent überwiegend Vorteile für die Kontrolle des Behandlungserfolgs. Wölfert: "Vielleicht erklärt diese außerordentlich positive Bewertung auch, weshalb viele Patienten offenbar ohne zu murren in die eigene Tasche greifen, um sich die Teststreifen zu sichern. In Ordnung ist es dennoch nicht: Wenn ein Arzt die Blutzuckerselbstmessung für erforderlich hält, dann muss sie auch von den Kassen bezahlt werden."

zuletzt bearbeitet: 23.10.2007 nach oben

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