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Ernährung, Adipositas und Typ 2 Diabetes mellitus:

Abstract zum Vortrag von Professor Dr. med. Hans Hauner im Rahmen der Pressekonferenz anlässlich der 43. DDG-Jahrestagung am 03.05.2008 in München.

Sinnvolle Strategien, um Diabetes zu verhindern

Professor Dr. med. Hans Hauner Die fortschreitende Epidemie des Typ-2-Diabetes mellitus ist zweifellos eine Folge des modernen Lebensstils mit überkalorischer Ernährung, Bewegungsmangel und Adipositas, auf dem Boden einer genetischen Prädisposition. Auch wenn die Pathophysiologie der Erkrankung, insbesondere die Mechanismen der Insulinresistenz und der Störung der Insulinsekretion, noch nicht vollständig verstanden sind, so kennen wir heute die wichtigsten Risikofaktoren für diese Erkrankung sehr gut und können das individuelle Risiko relativ zuverlässig vorhersagen.

Gleichzeitig liegen die Ergebnisse einer Reihe von Präventionsstudien vor, die deutlich machen, welche Maßnahmen der Lebensstiländerung, aber auch welche Medikamente die Diabetesmanifestation bei Hochrisikopersonen aufhalten oder verzögern können. Diese Studien haben eindrucksvoll gezeigt, wie effektiv insbesondere Gewichtssenkung, Bewegungssteigerung und Ernährungsumstellung das Diabetesrisiko verringern.

Damit verfügen wir bereits heute über wirksame Instrumente, um die Diabetesepidemie zu stoppen und damit ein zentrales Gesundheitsproblem der Gegenwart erfolgreich zu bekämpfen. Allerdings ist praktische Diabetesprävention im deutschen Gesundheitssystem nicht existent. Abgesehen von einigen wenigen regionalen Modellprojekten übernehmen Krankenkassen die Kosten für Präventionsprogramme nicht. Ein Dilemma in diesem Kontext ist, dass Adipositas unabhängig von ihrem Schweregrad nach dem SGB V nicht als Krankheit anerkannt ist und eine Adipositastherapie daher grundsätzlich nicht erstattungsfähig ist. Trotz der weitverbreiteten Fehlernährung ist auch Ernährungsberatung keine Kassenleistung. Nur eine Minderheit der neu entdeckten Patienten mit Typ-2-Diabetes erhält heute eine Ernährungsberatung, sodass die wichtigste pathophysiologisch ausgerichtete Therapie kaum genutzt wird. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, der aber von den zuständigen Institutionen noch nicht wahrgenommen wird.

Die Diabetesepidemie kann aber sicher nicht alleine vom Gesundheitssystem gestoppt werden, da das gesellschaftliche Umfeld eine zentrale Bedeutung hat. Erfolgreiche Prävention erfordert stets einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz, von dem notwendigen Paradigmenwechsel sind wir aber noch weit entfernt. Eine Präventionskultur gibt es in Deutschland bestenfalls in Ansätzen. Dies ist auch daran zu erkennen, dass sich die Mehrheit der Gefährdeten/Betroffenen kaum zu einer Lebensstiländerung motivieren lässt. Bedenkt man allerdings die enormen Kosten, die durch vermeidbare Krankheiten verursacht werden, dann ist es auch eine ökonomische Notwendigkeit, die Prävention zu stärken und in der Gesellschaft zu verankern.

Leider ist das schon lange angekündigte Präventionsgesetz immer noch Gegenstand politischer Auseinandersetzungen und wird sich weiter verzögern, sodass Deutschland im europäischen Vergleich weit zurückliegt.

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Bildunterschrift: Professor Dr. med. Hans Hauner, Tagungspräsident 43. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft und Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin der TU München.
Bildquelle: Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG)

zuletzt bearbeitet: 02.05.2008 nach oben

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